Bambusgeschirr: Ökologisch wertvoll oder gesundheitsschädlich?
Ich habe vor Jahren eine Bambusschale aus Asien mitgebracht. Inzwischen weiß ich, dass man bei diesem Werkstoff ganz genau hinsehen muss, ob man der Natur und sich selbst was Gutes tut. Denn nur Produkte ohne Kunststoff-Zusätze sind unbedenklich.
Bambus kann mehr: Schnellwachsender Rohstoff für Alltagsgüter
Bambus gilt vielen als grüne Alternative zum Kunststoff. Deshalb bekomme ich Bambus nicht mehr nur in Asien, sondern sogar bei meinem Bäcker um die Ecke – als Coffee-to-go-Becher. Auch in meiner Drogerie stand ich kürzlich vor einem großen Regal mit Bambus-Dosen für die Aufbewahrung von Lebensmitteln. Die Bambusprodukte wurden als „nachhaltig“, „biologisch“ und „recyclebar“ angepriesen. Kurze Zeit später las ich dann in einer Verbraucherzeitschrift über Schadstoffe in Bambusgeschirr. Da wollte ich es dann ganz genau wissen und habe nachgeforscht.
Kunststoff-Zusätze in Bambusware können der Gesundheit schaden
Wie Ökotest und die Verbraucherzentrale inzwischen ermittelt haben, bestehen viele Teller oder Becher aus Bambus zu einem Teil aus Melaminharz oder Harnstoff-Formaldehydsalzen. Diese Kunststoffe sorgen für eine gute Stabilität des Materials. Bambusfasern werden oft nur noch in geschredderter Form als Füllstoff hinzugefügt. Je nach Hersteller besteht Bambusgeschirr noch nicht mal mehr zur Hälfte aus dem namengebenden Bambus.
Ein großzügiger Einsatz von Kunststoffen kann gesundheitsschädliche Folgen haben: Verschiedene Untersuchungen, zum Beispiel des Bundesinstituts für Risikobewertung (PDF, 1,3 MB) und Produktrückrufe zeigen, dass Melaminharz unter bestimmten Bedingungen seine Bausteine Formaldehyd und Melamin an Lebensmittel abgibt. Das ist heikel, weil Formaldehyd von der EU als krebsverdächtig eingestuft wird und Melamin im menschlichen Organismus zu Schäden an Blase und Nieren führen kann. Beide Stoffe haben also in unseren Lebensmitteln rein gar nichts verloren. Neuere Untersuchungen des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) in Stuttgart zeigen, dass die Freisetzung von Formaldehyd und Melamin bei den meisten getesteten Bambusbechern mit der Zeit, also je länger sie im Gebrauch sind, zunimmt und insgesamt höher liegt als bei herkömmlichen Melaminharz-Bechern. Richtwerte wurden laut Bundesinstitut für Risikobewertung um das 120-fache überschritten.
Wann werden die Kunststoff-Zusätze gefährlich?
War es das also mit der schönen neuen Bambuswelt? Nicht unbedingt. Denn die gesundheitsgefährdenden Substanzen aus Bambusware mit Kunststoffanteil werden nur dann freigesetzt, wenn ihr
- das betroffene Geschirr über 70 Grad Celsius erhitzt, z. B. in der Mikrowelle oder beim Einfüllen heißer Flüssigkeiten,
- oder wenn ihr darin säurehaltige Lebensmittel wie Fruchtsäfte oder phosphorhaltige Cola aufbewahrt.
Ansonsten gilt solches Geschirr als unbedenklich. Das hat mich schon mal beruhigt. Ich benutze meine Bambusschüssel nämlich nur als Obstschale.
Genaues Hinsehen lohnt sich: Bambusware mit oder ohne Kunststoffanteil?
Neben Geschirr aus Bambusware mit Kunststoffanteil gibt aber auch noch solches ohne– allerdings ist das deutlich seltener im Handel. Dieses reine Bambus-Holz könnt ihr bei näherem Hinsehen durch seine Faserstruktur und sein hölzernes Aussehen von den Bambus-Harz-Mischungen, die äußerlich keine Holzmaserung zeigen und eher wie Kunststoff aussehen, unterscheiden. Von reinem, unbehandelten Bambus, z. B. in Form von Schneidbrettern oder Bambustrinkhalmen, geht keine Gefahr aus.
Die Optik des Materials ist aber meistens auch der einzige Anhaltpunkt, um möglicherweise gesundheitsgefährdendes Bambusgeschirr von harmloser reiner Bambusware zu unterscheiden. Denn in der Regel fehlt eine Kennzeichnung der Produkte. So könnt ihr häufig nicht erkennen, wie hoch der eigentliche Bambusanteil in den jeweiligen Erzeugnissen ist und ob ein Bambus-Teller, -becher etc. bedenkliche Kunststoffe enthält. Ein weiterer Blick auf meine Bambusschale zeigt: Es ist reiner Bambus. Aber ein vorsichtig bin ich mit der Schale trotzdem. Sie ist nämlich lackiert und ob da in Asien dieselben gesundheitlichen Ansprüche gelten …
Mehrweg: Einfach gut fürs Klima
Empfehlenswerte Mehrwegbecher für Coffee-to-go, Dosen zur Lebensmittelaufbewahrung oder wiederverwendbares und damit nachhaltiges Geschirr für die schnelle Mahlzeit unterwegs gibt es natürlich auch aus anderen Materialien:
- Edelstahl, Glas, Porzellan sind laut Verbraucherzentrale grundsätzlich für den Kontakt mit Lebensmitteln und Heißgetränke gut geeignet.
- Das gilt auch für den hitzefesten Kunststoff Polypropylen, der laut einer Broschüre der Verbraucherzentrale (PDF, 0,9 MB) keine Schadstoffe an Lebensmittel abgibt.
Bambus – nicht nur bei Pandabären beliebt
- Der Bambus ist kein Baum, sondern gehört zur Pflanzenfamilie der Gräser.
- Weltweit gibt es rund 1.400 verschiedene Bambusarten.
- Die Halme von industriell nutzbaren Bambusarten können verholzen und werden deshalb als Alternative zu Baumholz verwendet.
- Bambus wächst in tropischen Gebieten rund um den Äquator.
- Als schnell nachwachsender Rohstoff hat Bambus vor allem in Asien große ökologische, ökonomische und kulturelle Bedeutung.
- Die Graspflanze wird weltweit vielfältig eingesetzt: Als Nahrungsmittel, Baumaterial für den Möbel- und Hausbau, zur Produktion von Textilien und Biowerkstoffen, in Form von Pflanzenauszügen (Bambusmilch) bei der Herstellung von Kosmetik- und Pflegeprodukten. Auch energetisch wird Bambus genutzt, beispielsweise in Form von Bambuspellets oder Bambus-Holzkohle.
Autor: Kerstin Griese