CO2 unter Lupe

Begriffe aus der Energie­wirt­schaft: Geplante CO2-Abgabe – was kommt auf uns zu?

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Für verstärkten Klima­schutz wird die Bundes­re­gierung ab dem 1. Januar 2021 eine neue Abgabe auf Emissionen des Treib­haus­gases CO2 erheben, die sogenannte CO2-Abgabe. Was das für Verbraucher bedeutet, hat mir Thomas Küpper, Leiter Portfolio- und Produkt­ma­nagement, erklärt.

Kerstin Griese: Thomas, was macht ein Leiter Portfolio- und Produkt­ma­nagement eigentlich genau?
Thomas Küpper: Ganz grob zusam­men­ge­fasst, geht es beim Portfolio-Management um alle Themen rund um die Beschaffung von Energie und die dahin­ter­ste­henden logis­ti­schen Prozesse. Eine effiziente Energie­be­schaffung kann die Kosten der Energie­ver­sorgung fühlbar senken. Produkt­ma­nagement bezieht sich wiederum auf sämtliche Abwick­lungs­pro­zesse, die mit unseren einzelnen Produkten zu tun haben, zum Beispiel TankE zuhause, unser neues Wallbox-Paket.

Kerstin Griese: Alles klar. Heute würde ich dich gerne zur geplanten neuen CO2-Abgabe befragen, bei der du ja schon voll im Thema bist. Die Bundes­re­gierung hat im vergan­genen Winter im Rahmen des sogenannten Klima­pakets festgelegt, dass ab dem 1. Januar 2021 eine CO2-Abgabe auf fossile Energie­träger wie Erdöl und Erdgas erhoben wird. Thomas, würdest du mir bitte erklären, wozu diese Abgabe genau einge­führt und was mit ihr erreicht werden soll?
Thomas Küpper: Der Klima­wandel und die fortschrei­tende Umwelt­zer­störung sind eine existen­tielle Bedrohung für die Welt, das wissen wir alle. Um in Zukunft einen deutlich stärkeren und effizi­en­teren Klima­schutz zu erreichen, hat es sich die Europäische Union im Rahmen des sogenannten „Green Deal“ zum Ziel gesetzt, bis 2050 klima­neutral zu werden, also unter dem Strich keine Treib­hausgase wie Kohlen­stoff­dioxid, also CO2, mehr auszu­stoßen. Denn der Haupt­ver­ur­sacher des Klima­wandels ist nun einmal der Ausstoß von CO2, der durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas in die Atmosphäre erfolgt. Als EU-Mitgliedsland will auch Deutschland umwelt­schäd­liche Emissionen bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent – im Vergleich zu 1990 betrachtet – reduzieren. Mit dem Klima­paket haben die Vertreter der Großen Koalition Ende 2019 ein Bündel verschie­dener Maßnahmen geschnürt, mit dem die Bundes­re­publik ihre verbind­lichen Klima­schutz-Ziele zumindest für 2030 konkret reali­sieren will. Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die geplante CO2-Abgabe. Mit ihr soll erreicht werden, dass dieje­nigen, die Öl, Gas oder Kohle verbrennen und dadurch die Umwelt durch Kohlen­stoff­dioxid belasten, in Form der neuen Abgabe auch dafür bezahlen sollen. Das soll zunächst nach einem festge­legten Abgabe-Preis auf Benzin, Diesel, Erdgas und Heizöl geschehen, und zwar je Tonne erzeugtes Kohlen­stoff­dioxid. Die genaue Höhe der CO2-Abgabe wird die Bundes­re­gierung festlegen. Damit sollen für Unter­nehmen und Verbraucher starke Anreize geschaffen werden, zum Beispiel beim Heizen oder bei der Mobilität auf klima­freund­li­chere Alter­na­tiven umzusteigen.

Kerstin Griese: Wie sollen diese Ziele denn mit der CO2-Abgabe ganz konkret umgesetzt werden?
Thomas Küpper: Die Regierung hat dazu die deutsch­land­weite CO2-Bepreisung für fossile Brenn­stoffe beschlossen, und zwar in Form eines natio­nalen Emissi­ons­zer­ti­fi­ka­te­handels (nEHS). Das ist im Grunde eine deutsch­land­spe­zi­fische Erwei­terung des sogenannten Europäi­schen Emissi­ons­handels, den es schon seit 2005 gibt. Der funktio­niert so: Für emissi­ons­pflichtige, europäische Anlagen­be­treiber wurde eine Obergrenze festgelegt, wie viele Tonnen CO2 diese Anlagen­be­treiber insgesamt während einer Handel­s­pe­riode ausstoßen dürfen. Wer von den Betrof­fenen das Klima mit CO2-Emissionen belastet, benötigt für jede ausge­stoßene Tonne CO2 eine kosten­pflichtige Emissi­ons­be­rech­tigung. Andern­falls werden Straf­zah­lungen fällig. Wer dagegen wenig CO2 ausstößt, hat dementspre­chend geringere Kosten für Berech­ti­gungs­zer­ti­fikate. Emissi­ons­pflichtig sind haupt­sächlich Betreiber aus dem Bereich der Energie­er­zeugung, aus einigen Indus­trie­sek­toren, zum Beispiel Zement­fa­briken, und seit 2012 auch der Flugverkehr. Der jetzt neu beschlossene nationale Emissi­ons­handel funktio­niert im Prinzip genauso. Besonders daran ist jedoch, dass damit ab 2021 auch dieje­nigen in die Pflicht genommen werden, die zwar CO2 ausstoßen, aber vom EU-Emissi­ons­handel bisher ausge­nommen waren. Dazu zählen der Mobili­täts­sektor und die wärme­er­zeu­gende Industrie, und zwar Unter­nehmen und Haushalte gleicher­maßen. Sie alle sollen mit der neuen natio­nalen Abgabe den CO2-Ausstoß gewis­ser­maßen spüren, den sie entweder selbst oder durch Nutzung fossiler Brenn­stoffe verursachen.

Kerstin Griese: Auf diese Weise sollen Industrie und Verbraucher also dazu motiviert werden, ihr umwelt­schäd­liches Verhalten zu überdenken und klima­freund­liche Alter­na­tiven zu finden?
Thomas Küpper: Genau. Das nationale Emissi­ons­han­dels­system startet am 1.1.2021 zunächst mit einem jährlich steigenden Festpreis pro Tonne emittiertes CO2, der sogenannten CO2-Abgabe. Ab 2026 soll es dann keinen fixen Preis mehr geben, sondern CO2-Zerti­fikate werden im Rahmen eines begrenzten Preis­kor­ridors versteigert. Erklärter politi­scher Wille ist es, die Bürge­rinnen und Bürger an anderer Stelle zu entlasten. Als Beispiele werden die im Strom­preis enthal­tenen Abgaben (EEG-Umlage, Strom­steuer), die Entfer­nungs­pau­schale und das Wohngeld genannt. Ein konkreter Umset­zungspfad hierzu ist aber noch nicht veröffentlicht.

Kerstin Griese: Wer muss denn ab 2021 die CO2-Abgabe genau bezahlen? Und wie funktio­niert das?
Thomas Küpper: Letzten Endes werden wir alle die CO2-Abgabe zahlen – große Indus­trie­un­ter­nehmen, Gewer­be­trei­bende, z. B. Bäcker, und die Verbraucher. Aller­dings wird es keine Direkt­ab­rechnung mit einer Regie­rungs­be­hörde geben, die jeder Betroffene einzeln vornehmen muss. Die Abgabe wird unter anderem über die Gasrech­nungen von Energie­ver­sorgern wie uns erhoben, denn Erdgas ist ein fossiler Energie­träger. Die Strom­rech­nungen werden dagegen nicht betroffen sein. Zwar wird auch ein gewisser Teil des Stroms auf Basis fossiler Energien wie zum Beispiel Braun­kohle produ­ziert, doch die entspre­chenden Anlagen­be­treiber nehmen in der Regel bereits am Europäi­schen Emissi­ons­handel teil.

Kerstin Griese: Und Energie­ver­sorger wie die Stadt­werke leiten die über die Gasrechnung erhobene neue CO2-Abgabe dann entspre­chend weiter?
Thomas Küpper: Richtig. Aber natürlich wird die CO2-Abgabe nicht nur Gas-, sondern auch die Heizöl-, Benzin- und Diesel­preise betreffen und dementspre­chend auf diese aufge­schlagen. So werden die Kosten fürs Autofahren und das Heizen mit Kraft­stoffen auf Basis fossiler Energie­träger durch die neue Abgabe wahrscheinlich leicht steigen. Es soll aber – soweit der theore­tisch-politische Plan der Regierung – durch die Abgabe keine Mehrbe­lastung für Industrie und Verbraucher entstehen, sondern eine Neuaus­richtung der Steuern und Umlagen im Sinne des Klima­schutzes stattfinden.

Kerstin Griese: Was bedeutet die geplante neue Abgabe denn für die Stadt­werke Solingen?
Thomas Küpper: Mir ist wichtig zu betonen, dass wir mit der Abrechnung der neuen CO2-Abgabe über die Gasrech­nungen zukünftig einer gesetz­lichen Vorgabe Folge leisten müssen. Schon heute haben Steuern gesetz­liche Abgaben und die Kosten für die Netznutzung mit insgesamt rund 53 Prozent am Gaspreis einen hohen Anteil. Ab dem 1. Januar 2021 wird dann noch die CO2-Abgabe hinzu­kommen. Genau wie alle anderen gesetz­lichen Steuern und Abgaben auch werden wir diese lediglich „durch­reichen“ und keinerlei Gewinn aus der neuen Abgabe ziehen. Ganz im Gegenteil, für uns bedeutet die neue Abgabe u. a. aufgrund geänderter IT-Systeme durch verän­derte Rechnungs­legung usw. einen erheb­lichen unter­neh­me­ri­schen Mehraufwand. Aber natürlich unter­stützen wir grund­sätzlich den guten Kern der Sache, nämlich die Reduktion von umwelt­schäd­lichem CO2-Ausstoß.

Kerstin Griese: Und was bedeutet die CO2-Abgabe aus deiner Sicht praktisch für die Kundinnen und Kunden der Stadt­werke?
Thomas Küpper: Sie werden durch die neue CO2-Abgabe sicherlich direkter spüren, dass es von ihrem eigenen, indivi­du­ellen Lebensstil abhängt, in welchem Umfang sich die Preise für Kohlen­stoff­dioxid auf ihre eigene Haushalts­kasse auswirken werden. Wer viel mit dem Auto fährt, wird mehr zahlen müssen als zum Beispiel ein Verbraucher, der viele Strecken mit dem Fahrrad absol­viert. Selbst derjenige, der haupt­sächlich mit dem öffent­lichen Nahverkehr unterwegs ist, wird damit immer noch kosten­güns­tiger mobil sein als mit einem Auto mit Verbren­nungs­motor, und das obwohl im deutschen ÖPNV immer noch viele Diesel­busse einge­setzt werden. Doch zum Glück setzen immer mehr deutsche Verkehrs­be­triebe inzwi­schen auch auf Elektro­mo­bi­lität. In Solingen sind wir da ja dank unseres strom­ba­sierten Bus-Oberlei­tungs­systems und dem Einsatz der batte­rie­be­trie­benen BOB-Busse, die auch abseits der Oberlei­tungen zu 100 Prozent emissi­onsfrei mobil sind, schon ganz weit vorne.

Kerstin Griese: Werden auch Hausbe­sitzer und Hausbe­sit­ze­rinnen die neue CO2-Abgabe spüren?
Thomas Küpper: Natürlich, die eigene Wohnsi­tuation wird in Zukunft noch verstärkt dazu beitragen, ob man mehr oder weniger zahlen muss: Hausbe­sitzer, die sparsam und umwelt­be­wusst heizen, zum Beispiel mit einer eigenen Solar­anlage oder einer modernen Erdgas­brenn­wert­anlage statt mit einer alten Ölheizung, können von einem niedri­geren CO2-Abgabe­anteil profi­tieren. Wer alte, unsanierte Gebäude besitzt, muss dagegen mit höheren Kosten rechnen. Mein Rat lautet deshalb: Schon heute Einspar­mög­lich­keiten prüfen, alte Anlagen durch moderne ersetzen und das Thema Energie­sparen im Auge behalten. Dabei können unsere Kundinnen und Kunden von unseren Förder- und Service­pro­grammen wie Klingen Plus und Hausge­macht profitieren.

Autor: Kerstin Griese

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