Elektroautos: Wartungskosten deutlich geringer als bei Verbrennern
Auch ein E-Auto kommt nicht ohne Wartung und Pflege aus. Doch die Wartungskosten sind deutlich niedriger. Warum das so ist, hat mir Tim Schallert, Leiter After Sales beim Solinger Autohaus von Keitz, während eines gemeinsamen Gesprächs erklärt.
Christian Olbrisch: Im Juni letzten Jahres hat die R+V-Versicherung einen Kostenvergleich zum Serviceangebot der Autohersteller veröffentlicht. Demnach sind E-Fahrzeuge bei der Wartung und Pflege gegenüber Autos mit Verbrennungsmotor im Vorteil. Und das Nürtinger Institut für Automobilwirtschaft (ifa) hat schon vor einiger Zeit festgestellt, dass die Wartungs- und Reparaturkosten von E-Fahrzeugen um rund 35 Prozent unter denen vergleichbarer Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor liegen. Können Sie das aus Ihrer Praxis heraus bestätigen, Herr Schallert?
Tim Schallert: Ja, das stimmt, denn wegen des einfacheren technischen Aufbaus entfallen beim Elektro-Auto viele Bauteile, die verschleißen können. Der Austausch von Motoröl, Luft- und Kraftstofffiltern sind beispielsweise Arbeiten, die bei der Wartung von E-Fahrzeugen unnötig sind. Ein Elektromotor ist kompakt und nahezu wartungsfrei, die vielen Nebenaggregate eines Verbrenners fehlen dem Elektroauto. Das betrifft zum Beispiel die Motorkühlung, um die entstehende Wärme des Verbrennungsmotors abzuführen, oder die Abgasführung bis hin zu Auspuff. Neben dem Auspuff ist beim Verbrenner die Kupplung das wichtigste Verschleißteil – die ist beim E-Auto aber ebenfalls nicht vorhanden.
Christian Olbrisch: In welchen Abständen sollten E-Autos denn in die Werkstatt gebracht werden und wie muss man sich eine solche Wartung vorstellen?
Tim Schallert: Bei Volkswagen z. B. liegen die Intervalle für den aktuellen E-Golf und den E-UP! bei 30.000 km oder zwei Jahren. Die erste Fahrzeugwartung nach dem Neukauf nimmt etwa 45 Minuten bis eine Stunde in Anspruch. Dabei überprüft unser speziell geschultes Personal neben der Betriebs- und Verkehrssicherheit des Autos zusätzlich die Hochvoltkomponenten. Hier wird vor allem auf die Sicherheit geachtet. Abschließend wird noch mit Hilfe unseres Diagnosesystems die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Fahrzeugsystems überprüft.
Christian Olbrisch: Welche Teile des E-Autos sind Ihrer Erfahrung nach besonders anfällig für Reparaturen?
Tim Schallert: Abgesehen von den üblichen Werkstattbesuchen, zum Beispiel zum Radwechsel oder zur Wartung, konnten wir bei den E-Fahrzeugen von VW bisher keine Auffälligkeiten feststellen. Im Gegenteil: Die Bremsen bei E-Autos werden aufgrund der sogenannten Rekuperation sogar geringer beansprucht, so dass man davon ausgehen kann, dass der Verschleiß der Bremsbeläge oder Bremsscheiben später als bei einem Auto mit Verbrennungsmotor eintritt.
Christian Olbrisch: Das klingt gut. Wie funktioniert denn die Rekuperation?
Tim Schallert: Das bedeutet, dass beim Bremsen ein großer Teil der dabei entstehenden Bewegungsenergie zurückgewonnen und der Batterie zugeführt wird. Dieser Vorteil von E-Autos kommt besonders bei den vielen talabwärts gelegenen Solinger Straßen voll zur Geltung.
Christian Olbrisch: E-Mobilität ist jetzt – endlich – zum Trend geworden. Merken Sie, dass inzwischen mehr Kunden in Ihre Werkstatt kommen, um ihr E-Auto warten oder reparieren zu lassen?
Tim Schallert: Man spürt tatsächlich ein wachsendes Interesse, auch bei Autoliebhabern. Ich habe das Gefühl, die anfängliche Skepsis lässt nach und die Neugier auf die Stromer wächst. Wir spüren den größer werdenden Markt auch im Service. In der Werkstatt halten sich die Elektrofahrzeuge noch in Grenzen, aber es sind sicher mehr als noch im Vorjahr.
Christian Olbrisch: Die Wartung, Pflege und Reparatur von E-Autos stellt ja auch an Sie und Ihre Werkstatt-Mitarbeiter neue, besondere Anforderungen. Der Beruf des KFZ-Mechatronikers ist im Umbruch, hört und liest man derzeit überall.
Tim Schallert: Richtig. Die Ausbildungsbasis für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist aber nach wie vor der KFZ-Mechatroniker, einige Handwerkskammern bieten allerdings im Zuge der Ausbildung auch parallel die Qualifizierung zum Hochvolt-Techniker an. Und Mechatroniker, die bereits ihre Ausbildung absolviert haben, können in Weiterbildungen zum Hochvolt-Techniker qualifiziert werden. Für die E-Mobilität rüsten sich aber nicht nur die Mitarbeiter, auch unser Autohaus hat hohe Investitionen getätigt. Zum Beispiel haben wir spezielles Werkstattequipment angeschafft und drei Wallboxen installiert, die 24 Stunden täglich zur freien und kostenlosen Verfügung stehen.
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