Elektromobilität: Solingen schon heute gut gerüstet für die Zukunft
Den elektrischen Fahrzeugen gehört die Zukunft – daran glauben immer mehr Menschen weltweit. Warum wir in Solingen schon heute gut gerüstet für ein elektromobiles Zeitalter sind, hat mir Petar Dešković von der SWS Netze Solingen erklärt.
Christian Olbrisch: Hr. Dešković, die Elektromobilität ist heute ein zentraler Bestandteil eines zunehmenden globalen Wandels der Mobilität. Durch die aktuelle Diskussion um Vermeidung von Emissionen in Ballungszentren und Städten erhält der Trend zur Elektromobilität eine zusätzliche Dynamik. Allein auf Solingens Straßen sollen nach Hochrechnungen bis zum Jahr 2030 7.000 bis 8.000 Elektrofahrzeuge rollen. Was könnte es denn für die lokalen Stromnetze bedeuten, wenn zukünftig immer mehr Nutzer von Elektrofahrzeugen gleichzeitig, zum Beispiel abends nach Büroschluss, ihre Fahrzeug-Akkus aufladen und dadurch die Netzbelastung sprunghaft ansteigt?
Petar Dešković: Das sehe ich entspannt. Der Bestand an Elektrofahrzeugen wird sich nicht von heute auf morgen vervielfachen. Es wird vielmehr eine kontinuierliche Entwicklung sein, die wir von den SWS Netzen aufmerksam beobachten. Hierzu erstellen wir Prognosen und aktualisieren diese fortlaufend. So können wir frühzeitig erkennen, wann unser Stromnetz verstärkt werden muss. Einem Stromnetz am Limit oder gar -ausfälle, wie es derzeit manche Medien für die Zukunft heraufbeschwören, beugen wir auf diese Weise vor und müssen sie deshalb auch nicht befürchten.
Christian Olbrisch: Was tun Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen denn ganz konkret gegen die Gefahr solcher Blackouts durch eine mögliche Netzüberlastung?
Petar Dešković: Wir planen intelligente Technik in unseren Trafostationen, so dass wir Überlastungen in unserem Netz erkennen und frühzeitig Maßnahmen ergreifen könnten. Darüber hinaus nehmen wir notwendige Anpassungen im bestehenden Stromnetz vor. Es muss sich also in Solingen tatsächlich niemand Sorgen um unsere Stromnetze machen.
Christian Olbrisch: Wie kann denn so eine Netzanpassung geplant werden? Sie sprachen ja schon von Prognosen und gehen bei Ihren Planungen sicherlich von bestimmten Szenarien aus, was die zukünftige Entwicklung bei den E-Fahrzeugen in Solingen anbetrifft.
Petar Dešković: Ja, natürlich. Wir haben aufgrund der Ungenauigkeit bei der Entwicklung der Elektrofahrzeuge mehrere Szenarien berücksichtigt. Für unsere Planungen gehen wird derzeit von einer Worst-Case-Betrachtung aus. Wichtig ist, dass dabei nicht nur die reine Anzahl der E-Fahrzeuge eine Rolle spielt, sondern zum Beispiel auch deren Ladeleistungen und andere Faktoren.
Christian Olbrisch: Was halten Sie von der zurzeit öffentlich viel diskutierten Idee, E-Autos zukünftig als Batteriespeicher zu nutzen?
Petar Dešković: Das ist bei uns im Moment noch kein Thema. Wir gehen davon aus, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis so etwas tatsächlich technisch möglich sein wird. Ob es für die E-Autobesitzer überhaupt attraktiv wäre, ist fraglich. Denn konkret würde das für die Akkus der Autos auch bedeuten, dass ihre Lebensdauer reduziert würde. Mit einer anderen innovativen Idee sind wir derzeit aber in Solingen schon sehr erfolgreich: Vor einem Jahr wurde der erste Batterie-Oberleitungs-Bus, kurz BOB, an die Verkehrsbetriebe der Stadtwerke Solingen geliefert. Inzwischen sind vier jeweils 18 Meter lange Gelenkbusse des Typs Solaris Trollinos auf Solingens Straßen unterwegs und weitere 16 Busse sind bestellt. Ziel ist es, im Sinne des Klimaschutzkonzeptes der Stadt Solingen den ÖPNV in der Klingenstadt damit zukünftig rein elektrisch und emissionsfrei zu gestalten. Letztes Jahr hat die KlimaExpo.NRW den BOB schon als besonders herausragendes Beispiel für den Klimaschutz in NRW ausgezeichnet.
Christian Olbrisch: Welche Erfahrungen haben Sie denn aus Sicht der SWS Netze bisher mit den BOB gemacht? Die Busse sind ja einen Teil ihrer Strecke mit Stromabnehmer an der Oberleitung und einen anderen Teil mit Batterie-Antrieb unterwegs, weil sich die Batterien der neuen O-Busse während der Fahrt unter Draht aufladen und dann auf Strecken ohne Oberleitung ebenfalls rein elektrisch betrieben werden können. In Zukunft dürfte der Strombedarf in Zukunft hier deutlich ansteigen, wenn die nächsten 16 Busse voraussichtlich ab 2020 ihren Betrieb aufnehmen werden.
Petar Dešković: Auf den bisher stattgefunden Fahrten wurden Messungen vorgenommen und ausgewertet. Bisher sind die Ergebnisse durchweg positiv, so dass wir dem zukünftigen Linienbetrieb sehr zuversichtlich entgegen sehen. Aber natürlich ist es im Zuge der weiteren Elektrifizierung des Verkehrssektors notwendig – egal ob für private E-Fahrzeuge oder E-Busse im Nahverkehr -, unsere Netzinfrastruktur schon heute für die Anforderungen von Morgen auszulegen. Zu gewährleisten ist, dass der Netzbetrieb zu jeder Zeit sicher und zuverlässig stattfindet. Hierbei stehen wir vor der Herausforderung, unser bestehendes Netz, was auf Basis vergangener Anforderungen konzipiert wurde, im Hinblick auf die zukünftigen Anforderungen neu auszulegen und damit anzupassen. Deshalb gestalten wir unser Energieversorgungsnetz derzeit intelligenter. Vor allem durch Mess- und Regeltechnik werden wir flexibler auf kritische Netzsituationen reagieren und einen sicheren wie auch zuverlässigen Netzbetrieb sicherstellen können. Deshalb sind wir in Bezug auf unser Stromnetz schon jetzt für die Herausforderungen der Zukunft gewappnet und gut gerüstet.
Christian Olbrisch: Wie sieht es denn mit der Einbindung Regenerativer Energien aus, um den erhöhten Strombedarf durch einen rein elektrischen Nahverkehr zu decken? Auch das wäre ja für ein gutes Klima wichtig.
Petar Dešković: Aber sicher, daher sind wir momentan in Zusammenarbeit mit der Bergischen Universität Wuppertal dabei, ein Bauteil zur direkten Anbindung einer Photovoltaikanlage an unser Oberleitungsnetz zu entwickeln. Ein erster Prototyp wurde bereits fertiggestellt und befindet sich aktuell im Systemtest. Durch die direkte Integration dieser Anlage ins Oberleitungsnetz verfolgen wir das Ziel, den Energietransport möglichst kurz und effizient zu gestalten und damit Energieverluste weitestgehend zu reduzieren. Das Gute am BOB-Projekt ist, dass die städtischen Bereiche Verkehr, Energie, Wissenschaft und Politik in diesem Rahmen zusammengebracht und alle Anforderungen ganzheitlich gemeinsam betrachtet werden. Dadurch können wir eine Lösung für die lokale Verkehrs- und Energiewende etablieren, die die Anforderungen aller Branchen berücksichtigen wird.
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