Frühwarnstufe Notfallplan Gas ausgerufen – Versorgungssicherheit weiter gewährleistet
Schon vorher hatte die Energiebranche vermehrt auf den Notfallplan Gas verwiesen. Am 30. März hat Wirtschaftsminister Robert Habeck dann die erste Stufe in diesem Plan ausgerufen. Was heißt das für die Energiebranche und für euch?
Stufe eins von drei ausgerufen
Der Notfallplan umfasst insgesamt drei Stufen, diese darf nur das Bundeswirtschaftsministerium ausrufen. Um die erste Stufe, in der wir uns jetzt befinden, auszurufen, muss es „konkrete, ernst zu nehmende und zuverlässige Hinweise“ auf eine „erhebliche Verschlechterung der Gasversorgunglage“ geben. Das Russland angekündigt hat, Gas nur noch gegen Rubel zu liefern, hat Roland Habeck dazu bewogen, den Notfallplan per Verordnung festzustellen. Mit Ausrufung der Frühwarnstufe hat das Bundeswirtschaftsministerium einen Krisenstab aus Behörden und Energieversorgern zusammengerufen.
Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland
Der Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschlandd (0,7MB, PDF), wie er offiziell heißt, stammt in seiner neusten Fassung aus dem September 2019 und setzt eine EU-Verordnung um. Er regelt die Gasversorgung in Deutschland in einer Krisensituation und verfügt über drei Stufen: Frühwarnstufe, Alarmstufe und Notfallstufe. In dem Plan ist festgelegt, für was Gasversorger, Netzbetreiber und Behörden verantwortlich sind. Auch, wie die Krisenstäbe einberufen und besetzt werden, ist dort geregelt. Übrigens fließen die Ergebnisse aus den regelmäßigen Krisenfallübungen in den Notfallplan ein. Das Ministerium weißt – trotz Ausrufung der Frühwarnstufe – übrigens dezidiert darauf hin, dass die Versorgungssicherheit weiterhin gewährleistet ist!
Stufe 1, Frühwarnstufe
In der Frühwarnstufe tritt ein Krisenteam beim Wirtschaftsministerium zusammen. Gasversorger und Netzbetreiber sind verpflichtet, regelmäßig über die jeweilige Lage zu informieren. Der Staat greift aber noch nicht aktiv ein. Vielmehr nutzen Netzbetreiber, Gashändler etc. die am Markt üblichen Mechanismen, wie Gasspeicher, Optimierung von Lastflüssen oder Anforderung externer Regelenergie.
Stufe 2, Alarmstufe
Die Alarmstufe folgt auf die jetzige Frühwarnstufe. Auch hier können Netzverteiler und Gasversorger noch mit Mitteln des Marktes die Versorgung sicherstellen.
Stufe 3: Notfallstufe
Wenn die beiden ersten Stufen die Versorgungssicherheit nicht mehr garantieren könnten, würde Stufe 3 in Kraft treten. Dann greift der Staat in die Gasverteilung ein. Die Bundesnetzagentur übernimmt die Rolle des Bundeslastverteilers und entscheidet, wer Gas erhält und wer gar nicht oder nur teilweise. Für diesen Fall sind besonders zu schützenden Gruppen definiert.
Muss ich frieren?
Nein, in unseren Wohnungen sind wir sehr sicher vor Gasabschaltungen: Denn der Notfallplan Gas regelt, welche Kunden, wann abgeschaltet werden sollen. Haushaltskunden gehören dabei zu denjenigen, die besonders geschützt sind.
Zu den geschützten Kunden nach §53a EnWG gehören:
- Privat- und Gewerbekunden, die in der Grundversorgung sind oder die einen Standard-Tarif mit einem Energieversorger wie die Stadtwerke Solingen abgeschlossen haben.
- Soziale Dienste, die die Grundversorgung der Bürgerinnen und Bürger aufrechterhalten, wie Krankenhäuser, Pflege- und Altenheime, Polizei, Feuerwehr, Bundeswehr etc.
- Fernwärmeanlagen, die die o. g Gruppen beliefern und keinen anderen Brennstoff als Gas nutzen können.
Die Industriekunden wären in einer Notfallstufe diejenigen, bei denen die Gaslieferung gekürzt werden könnte. Bereits heute gibt es vorbereitende Gespräche zwischen Bundesnetzagentur und Wirtschaftsverbänden, um die Industriekunden zu priorisieren. Denn diese Priorisierung ist im Notfallplan Gas nicht definiert.
Energiesparen hilft – in mehrfacher Hinsicht
Trotzdem macht es Sinn, wenn wir alle, weniger Gas und Strom (der in Deutschland häufig aus Gas hergestellt wird) verbrauchen. Das zeigt einerseits eure Solidarität mit der Ukraine, reduziert eure persönlichen Kosten und ist gut für das Klima. Bereits mit drei einfachen Maßnahmen können wir gemeinsam 9,6% der Erdgasimporte aus Russland einsparen:
- Heizung um 2 Grad runter stellen
Wenn alle deutschen Haushalte, Hotels, Gaststätten und andere Gewerbe die Temperatur in den Innenräumen um 2 Grad reduzieren würden, bräuchten wir bundesweit rund 31 Terawattstunden (TWh) Gas weniger. Damit würden wir 7 Prozent der russischen Erdgasimporte einsparen. - Duschsparköpfe verwenden
Duschsparköpfe sorgen dafür, dass das ausströmende Wasser mit Luft angereichert wird: Es sprudelt genauso schön aus dem Hahn, obwohl weniger Wasser gebraucht und damit erhitzt werden muss. Damit sinkt der Energieverbrauch beim Duschen um 30 Prozent. So könnten alle deutschen Haushalte zusammen 2,6 Prozent der Erdgasimporte aus Russland einsparen. - Tempolimit auf Autobahnen
Autofahren mit Benzin und Diesel ist teuer und verbraucht fossile Kraftstoffe. Wenn wir in Deutschland ein Tempolimit von 130 km/h hätten, würden wir im Jahr fast 600 Mio. Liter Kraftstoffe einsparen, rechnet das Umweltbundesamt vor. Auch E-Autos verbrauchen bei höherem Tempo sehr viel Strom. Lasst uns also alle gemeinsam nicht länger auf ein Tempolimit warten, sondern es für uns persönlich umsetzen.
Aktuell haben wir in Deutschland keine Versorgungsengpässe trotz des Krieges in der Ukraine!!! Aber wir können mit unserer Solidarität dazu beitragen, den Krieg ggf. früher zu beenden. Unser Mitgefühl gilt allen Menschen, die um ihr Leben oder das ihrer Familie bangen oder bereits Angehörige und Freunde verloren haben.
FAQs zum Notfallplan Gas (0,8 MB., PDF).
Autor: Kerstin Griese