Gaslecksuche: Vom Büro in die Technik
Auf dem Rücken trage ich eine Gaskatusche, vor der Brust ein Messgerät und in der rechten Hand führe ich ein Laufrad, dass eine Gummischeibe mit sich führt. Aus der Gummischeibe ragt ein Schlauch, der bis in das Messgerät führt.
Wechsel auf die Technikseite
Nein, ich bin heute nicht – wie üblich – im Büro, sondern mit den Kollegen der Netze Solingen unterwegs auf Gaslecksuche. Als die Idee aufkam, ich könnte doch vom Alltag der Kollegen aus der Technik berichten, hat mir Jörg Schäfer, Meister in der Abteilung Gasanlagen ganz klar gesagt: „Mit Foto- und Filmaufnahmen ist es bei der Gaslecksuche nicht getan, wenn, dann arbeiten Sie einen ganzen Tag mit.“ Also bin ich heute Morgen um 8.00 Uhr im Büro von Jörg Schäfer zum Dienst angetreten. Er hat mich Domeniko Di Miceli zugeteilt, einem erfahrenen Kollegen, der mich Anfänger heute an der Backe hat. Gleich vorweg: Domeniko hat mich mit einer Engelsgeduld durch alle Arbeitsschritte geleitet.
Sicherheit geht vor
Als erstes bekomme ich eine Warnweste von Domeniko. Wir werden uns nämlich auf öffentlichen Straßen aufhalten und da ist es wichtig, dass wir jederzeit gut sichtbar sind. Danach holen wir die Gas-Messgeräte ab. Insgesamt handelt es sich um vier Geräte, die wir heute mitnehmen. Alle müssen natürlich zunächst auf ihre Funktionsfähigkeit getestet werden. Dazu wird eine geringe Menge Testgas an das Messgerät geleitet. Dieses muss dann innerhalb von zehn Sekunden Alarm schlagen. Nach einer kurzen Einweisung, was sich wo im Einsatzwagen befindet, geht es auf nach Merscheid.
Jedes Rohr alle vier Jahre
Ganz Solingen ist in vier Quadranten eingeteilt. Die Quadranten sind noch in die Bezirke eins bis 34 unterteilt. Jedes Jahr werden alle Gasrohre in einem der Quadranten abgelaufen und auf mögliche Undichtigkeiten überprüft. In den Folgejahren folgen die Rohre in den anderen Quadranten. Die Gaslecksuche ist stark wetterabhängig: zwei Tage vorher sollte es trocken sein und am Tag selbst möglichst sonnig. Deshalb brauchten wir auch drei Termine, bis es mit meiner Gaslecksuche endlich klappte. Heute ist es trocken und sonnig. Unter der Warnweste und in dem beschriebenen Geschirr wird es daher ziemlich schnell warm. Zumal wir heute etwa 5 Kilometer laufen werden.
Rohre, Straßenkappen, Gullydeckel Kabelschächte und Kellerfenster
Wir starten die Gaslecksuche in einer ruhigen Seitenstraße: Hier erklärt mir Domeniko, wie die Lagepläne zu entziffern sind und wo demnach die gesuchten Rohre verlaufen. Dabei soll ich das Laufrad vorzugsweise auf Rissen im Asphalt oder Fugen in der Pflasterung führen, denn an diesen Stellen würde Gas als erstes austreten. Außerdem plotter – so der Fachausdruck – ich über alle Straßenkappen – das sind die Metallkappen unter denen die Gas- und Wasseranschlüsse liegen – und über Gullydeckel. Auch hier würde sich Gas sammeln. Neben den Rohren prüfen wir auch immer Kellerfenster in neben den Hausanschlüssen liegen, so dass die Anwohner auch hier die Gewissheit haben können, dass kein Gas austritt.
Unterwegs in Solinger Vorgärten
Wir laufen also nicht nur die großen Rohre in der Straßenmitte oder unten den Bürgersteigen ab, sondern müssen auch alle Rohre zu den Häusern (sogenannte Stiche) prüfen, die nicht selten in den Vorgärten liegen. Ich klettere also über Mäuerchen, umrunde Zäune, schlage mich so gut als möglich durch Gestrüpp und so vorsichtig wie möglich durch Beete hindurch. Die Autos, die über den Straßenkappen stehen, kann ich ein Stück weit mit dem Laufrad unterfahren, wenn ich tief in die Knie gehe. Ansonsten muss ich möglichst eng aber vorsichtig um die Wagen herumbugsieren.
Stress auf der Neuenhofer Straße
Während es auf den Nebenstraßen noch ruhig zuging, wird es auf der Neuenhofer Straße deutlich stressiger: In der Regel laufen wir in der Gosse, wo Asphaltdecke auf Bürgersteig trifft und die Chance am größten ist, Gas aufzuspüren. Immer wieder müssen wir auch die Straße überqueren. Und die Rohre verlaufen eben nicht da, wo die Ampeln und Zebrastreifen sind. Jetzt bin ich echt froh, dass wir die Runde zu zweit machen: Denn während ich mich auf das Laufrad konzentriere, passt Domeniko auf, dass ich nicht überfahren werde. Weil – leider muss man es so sagen – es immer wieder Autofahrer gibt, die einfach nicht bereit sind, mit uns die Straße zu teilen.
Alarm: es piepst!
Kurz vor der Mittagspause passiert es dann: Wir laufen gerade den Bürgersteig vor einem Geschäftshaus ab, als es zum ersten Mal einen deutlichen Ausschlag auf meinem Messgerät gibt, begleitet von einem durchdringenden Piepsen: Ich habe ein Gasleck gefunden! Um abzusichern, dass im Gebäude keiner zu Schaden kommen kann, lassen wir uns den Versorgungsraum zeigen. Domeniko prüft hier mit einem speziellen Messgerät alle Leitungen. Sein Urteil: Das Gebäude ist sicher! Der Gasaustritt erfolgt aus einem Rohr, dass mehr als einen Meter vom Gebäude entfernt ist. Damit handelt es sich um einen sogenannten B-Schaden. Die Kolleginnen und Kollegen von den Netzen Solingen können den Schaden in den nächsten Wochen beheben. Es ist keine Gefahr im Verzug.
Und am nächsten Tag?
Am nächsten Tag komme ich kaum aus dem Bett, so verspannt hat sich meine rechte Seite und auch beim Laufen und bei Bewegungen im rechten Handgelenk spüre ich die ungewohnte körperliche Anstrengung von gestern. Mein Fazit nach einem Tag Gaslecksuche: Es war spannend! Ich habe ganz viel von Domeniko gelernt, aber ich könnte diese Tätigkeit nicht jeden Tag machen. Deshalb „Hut ab“ vor den Kolleginnen und Kollegen der Netze Solingen. Sie kümmern sich Tag um Tag darum , dass wir in Solingen sicher Strom und Gas bekommen!
Autor: Kerstin Griese
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