Grauer Kasten am Straßenrand – was steckt da eigentlich drin?
Jeder kennt sie, die mausgrauen Kabelverteilerkästen, die überall an Solingens Straßenrändern stehen, sogenannte Kabelverteilerschränke oder „KVS“. Ihre bedeutende Rolle bei der Stromversorgung hat mir Ralf Gawlitta von den SWS Netze Solingen erklärt.
Kerstin Griese: Oft übersieht man sie, manchmal fallen sie zum Beispiel durch buntes Graffiti auf – wozu sind die vielen grauen Kästen, die an so vielen Straßen in Solingen stehen, überhaupt da?
Ralf Gawlitta: Bei den Kästen handelt es sich um sogenannte Kabelverteilerschränke, kurz: KVS. Umgangssprachlich werden sie auch als Schaltschränke bezeichnet. Ihr unauffälliges Äußeres ist übrigens nur Tarnung: In den KVS steckt eine ganze Menge wichtiger Technik, ohne die die störungsfreie Stromversorgung von Häusern und anderen Gebäuden in Solingen gar nicht möglich wäre.
Kerstin Griese: Welche Rolle spielen die KVS denn bei der Stromversorgung ganz genau und wie viele Exemplare gibt es eigentlich in unserer Stadt?
Ralf Gawlitta: Kabelverteilerschränke sind ganz generell sehr wichtig für unsere städtische Infrastruktur. Sie werden zum Beispiel auch von Telekommunikations-Unternehmen benutzt, um Telefon, Internet und TV-Signale in die Häuser zu bringen. Außerdem können KVS technische Einrichtungen zur elektronischen Steuerung von Ampelanlagen und der Straßenbeleuchtung beherbergen. Vor allem dienen KVS aber lokalen Energienetzbetreibern wie uns zur Absicherung und Verteilung der stromführenden Kabel, die zu den Hausanschlüssen und damit zu sämtlichen Gebäuden in der Stadt führen. Ohne diese Kabelverteilung und -absicherung gäbe in unseren Häusern, Fabrikhallen usw. keinen störungsfreien Stromfluss. Zu diesem wichtigen Zweck betreiben die SWS Netze Solingen rund 1.900 KVS in unterschiedlichen Größen und Ausführungen im gesamten Stadtgebiet. Man kann sie leicht am silbernen Aufkleber mit unserem Netze-Logo erkennen.
Kerstin Griese: 1.900 Stück sind ja eine ganze Menge. Was steckt denn in so einem KVS drin, damit Strom problemlos zu Häusern und anderen Gebäuden fließen kann?
Ralf Gawlitta: Damit man das versteht, sollte man sich als erstes einmal den Stromfluss vom Kraftwerk bis zum Verbraucher vor Augen führen. Die erzeugte Elektrizität, z. B. aus Kraftwerken in der Rheinebene, kommt mit 110.000 Volt Hochspannung in einer unserer sieben Solinger Umspannanlagen an. Die dort vorhandenen Transformatoren sorgen dafür, dass die Spannung auf 10.000 Volt in sogenannte Mittelspannung „umgespannt“ wird. In rund 970 Trafostationen wird der Energiefluss dann wiederum in Niederspannung transformiert, denn auf dieser Spannungsebene ist Strom für unsere Haushalte direkt nutzbar. Dann erfolgt in unserem ca. 1.300 km langen Solinger Niederspannungsnetz schließlich die entscheidende Feinverteilung der Elektrizität – und zwar von den Trafostationen über die Kabelverteilerschränke bis hin zu den einzelnen Hausanschlüssen. Die KVS sind Knotenpunkte für elektrische Kabel im Niederspannungsnetz. Über den KVS und die darin enthaltenen Kabel-Sicherungen werden die jeweiligen Stromkabel-Strecken und die daran angeschlossenen Hausanschlüsse abgesichert. Bei einem Störungsfall an einem Kabel würde die Sicherungen der Kabelstrecke direkt im KVS auslösen, so dass nur wenige Hausanschlüsse oder Kunden von der Störung betroffen wären.
Kerstin Griese: Was würden denn im Fall eines beschädigten KVS passieren? Damit meine ich kein Graffiti, das von außen aufgesprüht wird, oder Plakate, die ja auch häufig illegal außen auf einen solchen Schrank aufgeklebt werden. Ich denke eher daran, wenn zum Beispiel ein Auto aus Versehen einen KVA anfährt oder an Vandalismus.
Ralf Gawlitta: Grundsätzlich sind die im Inneren jedes KVS vorhandenen Bauteile und Kabelabgänge sehr gut geschützt. Seit den 70ger Jahren sind alle neuen KVS aus einem multifunktionalen, nach außen hin schutzisoliertem Kunststoff-Gehäuse gefertigt. Es besteht keinerlei elektrisch leitende Verbindung vom Inneren des Schrankes nach außen. So ein KVS ist also ziemlich robust. Wenn ab und zu mal einer beschädigt wird, dann passiert das zum Beispiel durch einen LKW, der zurücksetzt. Einen spektakulären Unfall, wie wir ihn letztes Jahr hatten, gibt es nur ganz selten.
Kerstin Griese: Um was für einen Unfall handelte es sich denn dabei?
Ralf Gawlitta: Bei einem Autorennen hat ein Auto auf der Weyerstraße mehrere parkende Wagen am Straßenrand touchiert, so dass eines davon auf einen KVS geschoben wurde. Das hatte einen Stromausfall an einem Teil der Weyerstraße zur Folge. Es hat uns von den SWS Netzen rund drei Stunden Arbeit gekostet, bis wir den Stromfluss übergangsweise wiederherstellen konnten. Erst musste der KVS komplett spannungslos geschaltet werden ehe das auf den KVS aufgeschobene Auto abgeschleppt werden konnte. Anschließend wurden die Trümmer entfernt, der KVS provisorisch gesichert und die Kabel wieder in Betrieb genommen. Am nächsten Werktag wurde der ganze KVS dann ausgeschachtet und durch einen neuen ersetzt.
Kerstin Griese: Apropos ersetzt: So ein KVS kann doch sicher auch einmal kaputtgehen, oder?
Ralf Gawlitta: Jeder unserer KVS wird alle vier Jahre genau inspiziert. Auf Basis dieser Inspektion entscheiden wir dann, ob eine Wartung nötig ist und einzelne Bauteile ersetzt werden müssen.
Kerstin Griese: Wenn ich als Solingerin oder Solinger einen sichtbar kaputten oder beschädigten KVS am Straßenrand sehe, was sollte ich da ihrer Meinung nach am besten tun, um eine mögliche Gefährdung der Stromversorgung zu verhindern?
Ralf Gawlitta: Für solche Fälle ist auf den SWS Netze Solingen-Aufklebern, die auf allen unseren KVS angebracht sind, die Telefonnummer unserer Störungsannahme aufgedruckt. Dort sind rund um die Uhr unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter präsent, die eine Schadensmeldung aufnehmen können und sich dann darum kümmern werden.
Autor: Kerstin Griese