Ökologisch bauen oder sanieren? Auf graue Energie achten!
Jede gesparte Kilowattstunde Energie schont die Umwelt und den Geldbeutel. Doch zur ökologischen Bewertung eines Hauses gehört nicht nur der Energieverbrauch während des Wohnens, sondern auch die sogenannte graue Energie, die schon beim Hausbau entsteht.
Gebäude als Schlüssel zum Klimaschutz
Wusstet ihr, dass der Bausektor laut einem Bericht der Vereinten Nationen (9,8 MB, PDF) für immerhin rund 38 Prozent der CO2-Emissionen weltweit und für ca. 60 % des Abfallaufkommens in Deutschland verantwortlich ist? Diese Zahlen zeigen, welchen großen Einfluss der Gebäudesektor für die Erreichung der Klimaziele, wie sie im Pariser Klimaabkommen festgelegt wurden, hat.
Zwar werden dem Klima zuliebe heutzutage immer mehr Gebäude mit möglichst niedrigem Energiebedarf gebaut. Doch ein wichtiger Faktor wird dabei oft vergessen: die sogenannte graue Energie. Sie bezeichnet die nicht sichtbare Energiemenge, die unter anderem für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung eines Produktes oder eines Gebäudes aufgewendet wird. Sogar der spätere Gebäudeabriss und die Entsorgung der Bauelemente rechnet man dort ein.
Graue Energie fließt – ebenso wie der Strom- und Heizenergiebedarf – in die Ökobilanz jedes Gebäudes ein. Doch das berücksichtigen bisher nur wenige Bauherren und -herrinnen. Ob eine Immobilie also wirklich nachhaltig ist, hängt daher nicht allein an dem aktuellen Energieverbrauch, sondern auch an der bereits in den Gebäudemauern gebundenen grauen Energie.
Gebäude-Energiebedarf über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg betrachten
Aber was heißt das eigentlich ganz praktisch für diejenigen von euch, die gerade einen Neubau, eine Haussanierung oder den Abriss eines Bestandsgebäudes planen und dabei Wert auf Klimaschutz und eine optimale Energieeffizienz legen? Zwar werden Neubauten heute viel energieeffizienter gebaut als noch vor einigen Jahren: Zum Beispiel durch eine optimierte Gebäudedämmung, Lüftung und Heizung. So benötigt ihr in eurem Haus weniger Energie als in vielen Bestandsbauten.
Wie aber kommt es dann, dass bei einem Neubau nach KfW55 die graue Energie stolze 50 % des Energieverbrauchs im gesamten Lebenszyklus des Gebäudes beträgt? In der Regel liegt das an den zum Bau eingesetzten Materialien: Zement und Stahl benötigen bei der Herstellung sehr viel Energie. Aber auch die vermeintlich günstigen Dämmplatten aus Polystyrol werden mit sehr viel Energieaufwand produziert. Wegen der enthaltenen Flammschutzmittel nehmen viele Mülldeponien die Dämmplatten gar nicht an.
Energieeffizienzmaßnahmen sind also nur dann wirklich gut für die Umwelt, wenn die Summe, der damit über die gesamte Lebensdauer eines Gebäudes hinweg eingesparten Energie, höher ist als die Menge der grauen Energie. Das aber ist bei vielen Neubauten nicht der Fall. Selbst einige 100 Jahre alte Gebäude weisen unter dem Strich eine bessere Energiebilanz auf als neugebaute Passivhäuser. Denn trotz der geringeren Energieeffizienz von Bestandsbauten, kann die Dauer der Nutzung die Energiebilanz massiv beeinflussen. Selbstverständlich hat auch eine Bestandsimmobilie in ihrer Bauphase CO2-Emissionen verursacht, allerdings war das in der Vergangenheit. Daher wird die graue Energie, die aus der Errichtung einer Bestandsimmobilie stammt, bei der Berechnung des ökologischen Gebäude-Fußabdruckes neutral bewertet. Bei Neubauten ist die graue Energie oft vergleichsweise hoch und schlägt in der Ökobilanz voll zu Buche.
Dem Klima zuliebe: Mit ökologischen Baumaterialien sanieren statt abreißen
Wenn ihr also entscheiden müsstet, ob ein bestehendes Gebäude zugunsten eines Neubaus abgerissen oder mit möglichst klimafreundlichen Baumaterialien saniert werden sollte, lautet die Antwort in den meisten Fällen: Sanieren ist besser als abreißen – zumindest aus ökologischer Sicht. Denn das Abbrechen eines Gebäudes ist sehr energieaufwändig.
Für die Baustoffe des neuen Gebäudes wird viel graue Energie benötigt. Und die graue Energie, die bereits für die Errichtung der Alt-Immobilie aufgewendet wurde, geht beim Abriss endgültig verloren. Dagegen könnt ihr – auf den gesamten Lebenszyklus bezogen – die Ökobilanz eines bestehenden Gebäudes schon mit kleinen energetischen Sanierungsmaßnahmen deutlich verbessern. So stoßen moderne, umweltfreundliche Heizungsanlagen deutlich weniger Schadstoffe aus als Öl- oder Erdgasheizungen. Mit neuen, dichten Fenstern und Außentüren behaltet ihr die Wärme drinnen. Das Gleiche gilt für eine gute Wärmedämmung. Hier und auch für alle anderen Sanierungsmaßnahmen spielen ökologische Baumaterialien eine wichtige Rolle. Denn statt mit Polystorol könnt ihr mit regionalen, ressourcenschonenden und recyclebaren Baustoffen den Bedarf an grauer Energie deutlich reduzieren: Dazu eignen sich Holz, Lehm, Kork, Hanf, Naturstein, Jute, Reet, Ton oder Ziegel aus energiearmer Herstellung. Das gilt für ein bestehendes Gebäude genauso wie für einen Neubau.
Im Rahmen des Forschungsprojekts „Ganzheitliche Bewertung von verschiedenen Dämmstoffalternativen“ des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg und des internationalen Vereins natureplus e. V. haben sich Forscherinnen und Forscher kürzlich intensiv mit Dämmstoffen und ihrer Ökobilanz beschäftigt. Ihr Fazit: Grundsätzlich können die ökologischen Dämmstoff-Alternativen aus nachwachsenden Rohstoffen mit einer positiven CO2-Bilanz punkten. Bestimmte Dämmstoffe, zum Beispiel aus Holzfasern, Hanf und Jute, sind ökologisch sogar sehr gut, dafür aber nicht überall einsetzbar. Dagegen könnt ihr Dämmstoffe aus mineralischen und synthetischen Rohstoffen zwar breiter einsetzen, diese haben jedoch einen deutlich größeren ökologischen Fußabdruck.
Informiert euch deshalb am besten bei Architekten, Bauplanern und/oder Energieberatern, welche Baustoffe für euer ökologisches Sanierungs- oder Neubauvorhaben am besten geeignet sind. Ihr könnt euch auch an anerkannten Siegeln für ökologische Baustoffe, zum Beispiel Der Blaue Engel, Cradle to Cradle oder der DGNB Navigator der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen orientieren.
Förderprogramm Klingen Plus – Effizientes Heizen
Übrigens: Unser Förderprogramm Klingen Plus fördert die Umstellung auf ein moderne und ökologische Heizsysteme (Wärmepumpe oder Split-Klimageräte).
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Das Förderprogramm Klingen Plus fördert die Umstellung auf ein modernes Heizsystem (Erdgasheizung, Wärmepumpe oder Split-Klimageräte).