Sengbach-Samstag – Auf den Spuren unseres Trinkwassers: Wasserwerk Glüder und Sengbachtalsperre hautnah erleben
Das Wasserwerk Glüder ist mit der Sengbachtalsperre und ihrer langen Geschichte untrennbar verbunden. Macht euch bei einer Führung auf den „Weg des Wassers“ und taucht direkt vor Ort in die spannenden Arbeitsabläufe der Trinkwasseraufbereitung ein.
Zentrale Wasserversorgung: Pionierarbeit in Solingen
Wusstet ihr, dass die älteste zentrale Wasserversorgung Europas in Hamburg errichtet wurde? Dazu gehörten ein Wasserwerk im Stadtteil Rothenburgsort und das gesamte Hamburger Leitungsnetz. Diese für die damalige Zeit hochmoderne Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung trug den Namen „Stadtwasserkunst/Hamburger Wasserwerke“. Sie ging 1842 in Betrieb, nachdem zuvor ein verheerender Brand große Teile der Stadt und damit auch die örtliche Infrastruktur zerstört hatte. Doch nicht nur im Norden Deutschlands, sondern auch hier im Bergischen Land war man in puncto Wasserversorgung sehr fortschrittlich. Zeitgleich mit der Beauftragung der Sengbachtalsperren-Erbauung begann die Solinger Stadtverordneten-Versammlung 1898 mit ersten Planungen für den Bau einer Pumpstation in Strohn bei Glüder. Schon nach der Vollendung des Talsperren-Vorbeckens, noch vor der offiziellen Einweihung der gesamten Talsperre im Jahr 1903, war die Pumpstation fertiggestellt und ging 1901 in Betrieb.
Neben der Trinkwasserförderung diente dieses neue Wasser- und Kraftwerk auch der Stromerzeugung. Es umfasste u. a. ein Pumpwerk in Glüder, einen Hochbehälter in Krahenhöhe und das gesamte damalige Solinger Rohrleitungsnetz. Die Aufbereitungsleistung des sog. Wasserwerks Strohn war allerdings noch deutlich geringer als heute. Sie wurde erst in den 1970ger Jahren auf ihr heutiges Niveau erweitert. Die Bezeichnung „Wasserwerk Strohn“ hielt sich nicht lange, sondern wurde nach kurzer Zeit durch „Wasserwerk Glüder“ ersetzt. Unter diesem Begriff kennt auch ihr sicher diesen wichtigen Teil des Solinger Trinkwasserversorgungssystems. Jährlich werden heute 5,5 bis 6 Millionen m³ Oberflächenwasser aus der Sengbachtalsperre in Glüder zu Trinkwasser aufbereitet. Damit versorgt das Wasserwerk Glüder rund die Hälfte Solingens und die gesamte Stadt Haan mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser. Im Bedarfsfall kann das Wasserwerk Glüder kurzzeitig auch die Gesamtversorgung der Stadt Solingen sicherstellen.
Wasserwerk Glüder: Wichtiger Knotenpunkt im Trinkwassernetz
All das und noch Einiges mehr erfahrt ihr, wenn ihr meine Kolleginnen, Kollegen und mich direkt vor Ort im Wasserwerk im Rahmen einer Führung besucht. (Schaut dafür gerne nach den Herbstferien auf unserer Seite rein, dann sind nämlich wieder Anmeldungen möglich.) Dabei erhaltet ihr viele interessante Einblicke in den komplexen Prozess der Trinkwasseraufbereitung. In der Regel beginnen wir unseren Rundgang in der Schaltwarte, dem „Gehirn des Wasserwerks“. Von hier aus wird der Aufbereitungsprozess im Wasserwerk gesteuert und kontrolliert. Nach Dienstschluss übernimmt die Leitwarte der Netze Solingen eine Kontrollfunktion, denn sie ist rund um die Uhr besetzt.
Im Fall eines Störfalls kann auf diese Weise der Bereitschaftsdienst aktiviert und die Störung schnellstmöglich beseitigt werden. Um die Trinkwasserversorgung im ganzen Stadtgebiet kontinuierlich sicherzustellen, ist das Wasserwerk Glüder ein wichtiger Teil eines Versorgungsverbunds, der aus insgesamt vier Wasserwerken besteht. Neben Glüder sind das die Wasserwerke Baumberg, Schürholz (für die regelmäßige Trinkwasserversorgung des Stadtteils Burg) und Dabringhausen (versorgt regelmäßig rund 50 % der Stadt Solingen und im Bedarfsfall kurzfristig Solingen-Burg). Das Wasserwerk Dabringhausen übernimmt die Gesamtversorgung, wenn im Wasserwerk Glüder einmal keine Trinkwasseraufbereitung möglich sein sollte. Umgekehrt ist es natürlich genauso. Und auch das Wasserwerk Baumberg könnte jederzeit über eine Leitung den Stadtteil Ohligs mit Trinkwasser versorgen, falls es zu Engpässen in den Wasserwerken Glüder und/oder Dabringhausen kommen sollte.
Drei Filterstufen: Keine Chance für schädliche Substanzen
Zurück zu unserer Führung durch das Wasserwerk: Von der Schaltwarte aus geht es weiter zu den einzelnen Filteranlagen. In ihnen wird das weiche, also kalkarme Talsperrenwasser zu Trinkwasser aufbereitet. Ca. 15.000 m³ Wasser finden so jeden Tag über eine große Leitung mit stolzen 90 cm Durchmesser ihren Weg aus der Talsperre ins Wasserwerk. Dort erfolgt der Prozess der Wasseraufbereitung in drei Stufen:
- Vorfiltration: Hier werden u. a. größere Partikel, z. B. Algen wie die Burgunderblutalge, ausgefiltert, falls sich diese im Talsperrenwasser befinden sollten. Die Pulveraktivkohle, die z. B. bei einer Wasserbelastung durch die schädliche Burgunderblutalge ab einem bestimmten Messwert zudosiert wird, bindet schließlich die Schadstoffe in der Filterstufe 1 und filtert diese anschließend aus.
- Filterstufe 1: Diese Stufe entfernt weitere, kleinste Trübstoffe und Bakterien aus dem Wasser. Die Filterstufe 1 wird übrigens voraussichtlich ab Ende 2026 durch eine neue, sog. Ultrafiltration mit modernen Membranfiltern ersetzt.
- Filterstufe 2: Hier wird die Wasserhärte und der Säuregrad des Wassers reguliert.
Trinkwasser in Bewegung: Vom Wasserwerk bis zum Hausanschluss
Hat das Talsperrenwasser alle Filterstufen im Wasserwerk erfolgreich passiert, wird es mit Hilfe von Pumpen über eine Rohrleitung bis hinauf zum Wasserbehälter Krahenhöhe hinaufgepumpt. Von dort erfolgt der Transport über ein vermaschtes, innerstädtisches Ringleitungssystem bis zu den Wasser-Hausanschlüssen im Stadtgebiet und in Haan. Im insgesamt 600 km langen Trinkwasser-Ringleitungssystem wird eine ganze Menge Wasser bewegt: 5,5 bis 6 Mio. m³ Trinkwasser speist das Wasserwerk Glüder dort jährlich ein, von der Großen Dhünn-Talsperre kommen über das Wasserwerk Dabringhausen weitere 6 Mio. m³ hinzu. Außerdem führt vom Wasserwerk Baumberg eine Notversorgungsleitung nach Ohligs. Diese liefert ca. 300.000 m³ Trinkwasser nach Solingen, damit die Leitung in Betrieb und immer hygienisch einwandfrei bleibt. Können aufgrund eines Engpasses die anderen Wasserwerke einmal nicht liefern, liefert das Wasserwerk Baumberg ebenfalls Wasser nach Ohligs.
Wichtig zu wissen: Für den Wassertransport zuständig ist der Eigenbetrieb Wasserversorgung Solingen (EBW).
Neues Pumpenhaus für nachhaltige, leistungsfähigere Trinkwasserversorgung
Wusstet ihr, dass beim Transport des Wassers vom niedrigsten bis zum höchsten Versorgungspunkt im Solinger Stadtgebiet Höhenunterschiede von über 200 m überwunden werden? All das geht natürlich nicht ohne leistungsfähige Pumpen. Sechs Pumpstationen sorgen deshalb für ein gleichbleibendes Druckniveau der einzelnen Druckzonen im Stadtgebiet. So ist es nur logisch, dass auch unsere Führungen durch das Wasserwerk Glüder in der Regel in der Pumpenhalle enden. Die Pumpenhalle Glüder wird übrigens voraussichtlich Ende 2026 durch ein neues Pumpenhaus ersetzt. Der Neubau war zwar ohnehin schon länger geplant, ist aber aufgrund des Hochwasser von 2021 und die dadurch entstandenen Schäden noch dringlicher geworden.
Mit dem neuen Pumpenhaus mit zugehöriger Technik wird ein nachhaltiges Gebäude entstehen, dessen Stromversorgung zum Teil auf Basis erneuerbarer Energien erzeugt wird. Neue Pumpen und ein Notstromaggregat werden für eine höhere Sicherheit und mehr Leistungsfähigkeit beim Trinkwassertransport sorgen. Denn der korrekte, durch unsere Pumpen erzeugte Druck in den Wasserleitungen (sog. Leitungsdruck) ist für die Wasserversorgung in eurem Zuhause essenziell. Nur so kommt Wasser aus euren Leitungen heraus, mit dem ihr u. a. kochen und duschen könnt. Durch das neue Pumpenhaus und die moderne Technik kann in Zukunft außerdem deutlich mehr Trinkwasser aus Glüder ins Wasserversorgungsnetz der Stadtwerke eingespeist werden. Das ist wichtig, da wir den Trinkwasserbedarf in Solingen und Haan immer sehr vorausschauend einschätzen und unsere Kapazitäten dementsprechend rechtzeitig erweitern.
Hinter den Kulissen: Führungen durch das Wasserwerk Glüder
Ihr seht also: Talsperrenwasser in qualitativ hochwertiges Trinkwasser zu verwandeln und dieses bis in eure Haushalte zu transportieren, ist ein aufwändiger Prozess mit vielen kleinen und großen Arbeitsschritten. Möchtet auch ihr erleben, wie unser wichtigstes Lebensmittel, das Trinkwasser, hier im Wasserwerk Glüder aufbereitet wird? Wollt ihr Details zur Staumauer und den Staubecken der Talsperre direkt vor Ort erfahren? Dann bucht eine kostenlose Führung und begebt euch mit uns auf den Weg des Trinkwassers. Näheres erfahrt ihr hier.
Am nächsten Samstag erläutert mein Kollege Michael Esser, warum die Qualitätssicherung bei Trinkwasser so wichtig ist, welche regelmäßigen Kontrollen im Stadtwerke-Trinkwasserlabor vorgenommen werden und was unter vorbeugendem Gewässerschutz zu verstehen ist.
Schaut einfach wieder vorbei!