Sengbach Samstag Keyvisual
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Sengbach-Samstag – Die Sengbach­tal­sperre: Ökolo­gi­sches Refugium mitten in der Stadt

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Was haben Geburts­hel­fer­kröten, Fleder­mäuse und Hechte gemeinsam? Sie alle leben in und um die Sengbach­tal­sperre inmitten einzig­ar­tiger, schüt­zens­werter Natur.

Paradies für Pflanzen und Tiere

Habt ihr schon einmal darüber nachge­dacht, wie sich unsere Landschaft verändert, wenn Stauan­lagen wie die Sengbach­tal­sperre gebaut werden? Aus einem fließenden entsteht dadurch zumindest strecken­weise ein stehendes Gewässer. Und gerade das zählt in puncto Natur­schutz zu den wertvollsten Lebens­räumen: Stehende Gewässer besitzen neben einer vielfältige Unter­wasser-Pflan­zenwelt meist ein schüt­zendes Röhricht-Ufer aus Binsen, Seggen, Schilf oder Rohrkolben. Talsper­ren­becken sind in diesem Zusam­menhang sogar ein Sonderfall unter den Gewäs­ser­le­bens­räumen. Sie sind durch eine gute Wasser­qua­lität, kaltes Tiefen­wasser und schwan­kende Wasser­stände geprägt und bieten damit ganz besondere Lebens­be­din­gungen für Pflanzen und Tiere. Kein Wunder also, dass der Stausee und die angren­zenden Ufer- und Waldflächen der Sengbach­tal­sperre die Heimat unzäh­liger, zum Teil bedrohter Arten ist. 

Die großen Wasser­flächen und langen Uferlinien locken z. B. Wasser- und Watvögel wie Kormorane, Bläss­rallen und die seltenen Eisvögel an. Da die Uferbe­reiche der Talsperre innerhalb von Trink­was­ser­schutz­zonen liegen, sind sie für die Öffent­lichkeit gesperrt (das solltet ihr bitte unbedingt beachten!) und bieten dadurch ungestörte Rückzugs­biotope. Hier nisten viele Wasser­vögel, Reptilien wie die Geburts­hel­fer­kröte oder Feuer­sa­la­mander sonnen sich an Land und in der Luft oberhalb der Talsperre jagen Fleder­mäuse in der Dämmerung nach Insekten. Sogar Biber, die größten Nager Deutsch­lands, sind seit 2017 wieder in den Stauseen entlang der Wupper behei­matet. Die im Stausee­wasser lebenden Hechte, Forellen oder Eschen finden dort nicht nur ein reich­hal­tiges Nahrungs­an­gebot, sondern können sich auch in größere Tiefen zurück­ziehen, wenn es ihnen im Sommer an der Oberfläche einmal zu warm wird. Diese Möglichkeit bieten die meisten Flüsse nicht. 

Die vielfäl­tigen Biotope der Sengbach­tal­sperre und ihrer Umgebung spielen auch für die Erhaltung der Biodi­ver­sität in unserer Region eine wichtige Rolle. Einige Tierarten, z. B. Vögel oder Kröten, wechseln im Laufe ihres Lebens von einem Landstrich zum anderen. Sie verbringen ihr Leben also nicht an ein und demselben Ort. Ähnliches gilt für Pflan­zen­arten wie die Kanadische Goldrute oder das Indische Spring­kraut, die weite Flächen überwu­chern und so relativ weite Distanzen überwinden können. Durch diese Form der „Wanderung“ überwinden diese Tier- und Pflan­zen­arten die Grenzen zwischen ortsge­bun­denen biolo­gi­schen Lebens­ge­mein­schaften (Biotopen).

Durch ihre Fortpflanzung bzw. Vermehrung verbreiten die „wandernden“ Tiere und Pflanzen ihr geneti­sches Material in unter­schied­lichen tieri­schen oder pflanz­lichen Gemein­schaften (Biologen sprechen hier von Popula­tionen). Diese genetische Verschie­den­ar­tigkeit wird auch Biodi­ver­sität genannt: Unter­schied­liche Lebewesen haben in ihren Genen unter­schied­liches „Können“ gespei­chert, z. B. die Resistenz gegen bestimmte Umwelt­ein­flüsse oder Abwehr­me­cha­nismen gegenüber Krank­heiten. Sinkt die Biodi­ver­sität, geht damit auch ein Verlust an geneti­schen Fähig­keiten einher. Daher ist es gut, dass die weitläu­figen Flächen in und um die Sengbach­tal­sperre wie eine Art Verbin­dungs­kor­ridor zwischen den einzelnen, ortsge­bun­denen Lebens­räumen von Pflanzen und Tieren wirken. „Wandernde“ Tiere und Pflanzen können sich so über die Region verteilen und zur gewünschten geneti­schen Vielfalt im gesamten Bergi­schen Land beitragen.

Dokumen­tarfilm zeigt: Die Natur um unsere Talsperren benötigt unseren Schutz

Als Kind des Bergi­schen Landes weiß ich natürlich, dass es entlang der Wupper nicht nur die Sengbach-, sondern auch noch einige andere Talsperren gibt. Mir war aller­dings nicht bewusst, dass das Bergische in Europa den Rekord für die meisten Talsperren hält – mit stolzen 21 Stück! Das habe ich erst vor Kurzem erfahren, als ich den sehens­werten Dokumen­tarfilm von Natali Tesche-Ricciardi mit dem Titel „Die Talsperren im Bergi­schen Land“ (kostenlos in der ARD-Mediathek gesehen habe. 

Die Tochter des renom­mierten Leich­linger Filme­ma­chers Sigurd Tesche hat mit diesem Film das Werk ihres 2020 verstor­benen Vaters fortge­setzt und den Bergi­schen Talsperren damit ein eindrucks­volles Denkmal gesetzt. Ihr inter­es­siert euch für die Flora und Fauna entlang der Bergi­schen Talsperren und möchtet wissen, wie der Klima­wandel mit zuneh­menden Dürre­pe­rioden und Stark­regen die Natur um die Talsperren beein­flusst? Dann solltet ihr euch diesen beein­dru­ckenden Naturfilm unbedingt ansehen (auch wenn die Sengbach­tal­sperre darin nicht explizit erwähnt wird). Denn im Film wird eindrucksvoll deutlich, wie wichtig und schüt­zenswert die Natur in und entlang von Talsperren wie der Sengbach­tal­sperre ist. 

Gerade jetzt, zum 120jährigen Jubiläum dieses einzig­ar­tigen Bauwerks, sollten wir alle ihre Bedeutung als ökolo­gi­sches Refugium ganz besonders würdigen. Dazu gehört vor allem, für das weitere, ungestörte Fortbe­stehen der Tier- und Pflan­zenwelt in den Wäldern und im Trink­was­serstausee Sorge zu tragen. Auch müssen wir verhindern, dass Schad­stoffe in den Stausee gelangen können. Wir von den Stadt­werken Solingen sind hierbei seit Jahrzehnten aktiv: Wir engagieren uns u. a. für eine umwelt­scho­nende Landwirt­schaft in den Trink­was­ser­schutz­zonen entlang der Seeufer und für die zukunfts­ge­rechte Aufforstung der Waldflächen. Im Rahmen unserer Bildungs­arbeit in Form von regel­mä­ßigen Führungen an der Talsperre und im Wasserwerk Glüder könnt auch ihr alles Wissens­werte rund um die Trink­was­ser­ge­winnung und die wichtigen, ökolo­gi­schen Aufgaben der Talsperre erfahren.

Am nächsten Samstag erfahrt ihr von meinem Kollegen Roland Sorge­nicht, wie es mit der klima­ge­rechten Aufforstung der Waldflächen entlang der Sengbach­tal­sperre vorangeht und warum es so wichtig ist, das Betre­tungs­verbot in den Schutz­zonen rund um den Stausee einzuhalten.

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