Sicherheitsrisiko Elektroinstallation? Worauf ihr im Altbau achten solltet
Brandursache Nr. 1 in deutschen Häusern ist die Elektrizität. Gerade in älteren Gebäuden kann die oft veraltete Elektrik gefährlich sein. Daher mein Tipp für euren Vorsatz zum neuen Jahr: regelmäßige Überprüfung der Hausinstallation.
Passt nicht zusammen: Installation von gestern und Ansprüche von heute
Mit unseren Nachbarinnen und Nachbarn haben meine Frau und ich wirklich Glück: In unserer Straße wohnt eine sympathische Mischung aus jungen Familien und Alteingesessenen. Ab und zu werde ich als Elektroniker auch bei handwerklichen Elektro-Projekten um Rat gefragt. So stand vor Kurzem eine Nachbarin, die mit ihrem Mann schon seit 1960 ein Haus gleich um die Ecke bewohnt, vor unserer Tür. Beim abendlichen Herausziehen der weihnachtlichen Lichterkette aus einer Steckdose im Wohnzimmer war ihr aufgefallen, dass sich die Steckdose immer sehr warm anfühlte. Ich war wirklich froh, dass sie zu mir gekommen war: Warme oder heiße Steckdosen sind nämlich fast immer ein Zeichen für eine überlastete elektrische Leitung, und das kann im wahrsten Wortsinn brandgefährlich werden. Zum Glück konnte ich bei den Nachbarn gerade noch Schlimmeres verhindern. Nachdem ich die betroffene Steckdose, die Leitungen und den Sicherungskasten – selbstverständlich unendgeltlich – überprüft hatte, habe ich die Steckdose sofort stillgelegt und dem Ehepaar dringend zu einer gründlichen, fachlichen Sanierung der elektrischen Hausanlage geraten. Denn die Jahrzehnte alten Leitungen und Sicherungen waren für den gleichzeitigen Betrieb mehrerer moderner Haushaltsgeräte gar nicht ausgelegt.
Wann wird´s gefährlich?
Das Haus der Nachbarn ist kein Einzelfall: Besonders in den letzten Jahren sind die Anforderungen an die Elektroinstallationen in unseren heutzutage hoch technisierten Wohngebäuden deutlich gestiegen. Ich denke da zum Beispiel an die vielen Stromverbraucher aus Heim- und Unterhaltungselektronik, ganz zu schweigen von den zahlreichen Smart-Home-Systemen, die die intelligente Steuerung von Gebäuden ermöglichen. Das alles ist Lichtjahre entfernt von der Zeit, aus der hier im Altbau-geprägten Solingen so manche Häuser stammen. Damals in den späten 60ger und 70ger Jahren versammelte sich abends noch die ganze Familie um ein einziges Fernsehgerät und Spülmaschinen in der Küche gab es nur sehr selten. Nicht zu vergessen: Die vielen schönen Jugendstil-Häusern in unserer Klingenstadt, bei denen die letzte Runderneuerung der Hauselektrik oft schon Jahrzehnte her ist. Kein Wunder also, dass viele vorhandene Elektro-Anlagen mit den rasanten Anforderungen aus dem Elektronikbereich nicht mehr Schritt halten können und aktuellen Sicherheitsstandards häufig nicht entsprechen. Bei diesen Anzeichen solltet ihr deshalb unbedingt hellhörig werden:
- Wenn einzelne Sicherungen ständig herausspringen, ist das ein sicheres Zeichen für die Überforderung der vorhandenen Leitungen und damit der betroffenen Sicherungen. Denn in Häusern älteren Baujahrs sind häufig viel zu wenige Sicherungen (von uns Fachleuten Leitungsschutzschalter genannt) verbaut. Sie haben die Aufgabe, die ihnen zugeordneten Stromleitungen vor elektrischer Überlastung zu schützen. Sind also nicht genug Sicherungen vorhanden, kann die (oft sehr große) Stromlast im Gebäude nicht optimal verteilt werden. Die Folge: einzelne Stromleitungen werden zu stark belastet und die entsprechenden Sicherungen springen heraus. Und zwar besonders dann, wenn mehrere Großgeräte wie Waschmaschine, Trockner oder E-Herd mit hohem Stromverbrauch gleichzeitig angeschaltet werden.
- Steckdosen und/oder an Steckdosen angeschlossene Steckdosenleisten sind warm oder sogar heiß, ohne dass eine Sicherung herausspringt: Solche Fälle können gleich doppelt gefährlich sein: Die warme Steckdose – so wie bei den Nachbarn – zeigt in der Regel an, dass im zugehörigen Stromkreis eine dauerhafte Überlastung besteht. Passiert dies immer wieder erhitzt sich das Isolationsmaterial der Leitungen durch die hohe Stromlast. Schließlich kann es brüchig werden und daraus ein Schwelbrand entstehen. Das Gefährliche: Der Schwelbrand kann anfangs unbemerkt bleiben, weil die Leitungen in der Regel unsichtbar unter Putz verlaufen. Einen ersten Hinweis auf eine Überlastung der Leitungen kann eine heiße Steckdose am Ende der betroffenen Leitung geben. Ist an einer solchen Steckdose obendrein noch eine Steckdosenleiste angeschlossen, ist ganz besondere Vorsicht angebracht. Denn bei unsachgemäßer Verwendung oder mangelnder Qualität bergen Mehrfachsteckdosen große Brandrisiken. Sie sind auf eine Maximalleistung von rund 3.000 bis 3.500 Watt ausgelegt. Doch schon ein elektrischer Heizlüfter allein benötigt etwa 1.500 bis 2.000 Watt. Eine Mehrfachsteckdose ist also schnell überlastet, besonders wenn sie schlecht verarbeitet ist. Wird eure Steckdosenleiste plötzlich warm und/oder die zugehörige Steckdose womöglich auch, solltet ihr die Leiste in jedem Fall als erste-Hilfe-Maßnahme sofort von der Steckdose abziehen und schnellstmöglich einen Fachbetrieb zu Hilfe holen.
Elektrosanierung und Gefahrenvermeidung in Altbauten: Das ist wichtig
- Überprüfung durch einen Profi: Generell solltet ihr vor der Sanierung oder Renovierung eines Altbaus einen Elektroinstallateur oder eine -intallateurin zu Rate ziehen. Er oder sie prüft den Zustand der vorhandenen Installation und informiert euch über die Möglichkeiten für Um- und Nachrüstung.
- Vorausschauend planen: Neue elektrische Anlagen und Ausstattungen sollten so großzügig dimensioniert sein, dass sie nicht nur für heutige, sondern auch für die Anforderungen der Zukunft gerüstet ist. Dazu gehört u.a.:
– einen ggf. veralteten Hauptverteiler durch einen modernen Zählerschrank zu ersetzen
– FI-Schutzschalter (Fehlerstromschutzschalter) einbauen, falls noch nicht vorhanden – er ist Vorschrift und dient dazu, Menschen vor Stromunfällen zu schützen
– genügend Steckdosen einplanen, damit elektrische Geräte mit hohem Stromverbrauch nicht über Steckdosenleisten angeschlossen werden müssen
– Netzwerkkabel für Internet & Co. in möglichst jeden Raum verlegen lassen. - Auch bei Gebäuden, in denen die Elektroinstallation nicht unbedingt sofort komplett saniert werden muss, empfehle ich euch aus Sicherheitsgründen die regelmäßige Durchführung eines sog. E-Checks. Dabei handelt es sich um eine anerkannte, normengerechte Prüfung von elektrischen Anlagen und Geräten durch einen Elektrofachbetrieb. Funktioniert alles einwandfrei, bekommt das Gerät oder die Anlage eine E-Check-Prüfplakette. Falls die Prüfung Probleme aufdeckt, lässt sich je nach Situation durch die Nachrüstung eines FI-Schalters oder den Einbau einzelner, zusätzlicher Sicherungen und Leitungen schon viel erreichen. So seid ihr immer auf der sicheren Seite.
- Nur Steckdosenleisten verwenden, die das CE- und das GS-Zeichen für geprüfte Sicherheit tragen und die auf der Leiste angegebene Belastungsgrenze nicht überschreiten. Bitte grundsätzlich niemals mehrere Steckdosenleisten hintereinanderschalten.
Bitte beachtet unsere Netiquette!