Aus der Solar-Forschung: Neue Solarzellen sind Multitalente
Neue Solarzellen, die auch bei Regen Strom erzeugen? Kein Witz! Dank intensiver wissenschaftlicher Forschung ist es heute tatsächlich möglich, auch bei Regenwetter Solarstrom zu gewinnen. Um die Abhängigkeit der Solarstromerzeugung von der aktuellen Wetterlage zu reduzieren und die regenerative Energiegewinnung weiter voran zu bringen, haben Wissenschaftler in den letzten Jahren Solarzellen entwickelt, in denen durch auftreffende Regentropfen Energie erzeugt werden kann. Noch bringen klassische Siliziumsolarzellen allerdings deutlich mehr Leistung.
In China, genauer gesagt an der Ocean University of China Quingdao und der Yunnan Normal University in Kunming, entwickelte ein Forscherteam vor zwei Jahren neue Solarzellen, die nicht nur durch Sonnenlicht, sondern auch durch auftreffende Regentropfen zur Stromproduktion angeregt werden.[1] Dazu wurden herkömmliche Solarzellen mit einem hauchfeinen transparenten Film aus Graphen beschichtet. Graphen besitzt außergewöhnliche Fähigkeiten, denn es ist elektrisch leitfähig und reich an Elektronen. Wissenschaftler der Soochow University im chinesischen Suzhou verfolgten 2018 einen zweiten Ansatz:[2] Sie vereinten eine herkömmliche Solarzelle auf besondere Weise mit einem sogenannten triboelektronischen Nanogenerator (kurz: TENG). Der Nanogenerator lädt sich durch Regentropfen elektrisch auf. Forscher der Pekinger Universität für Wissenschaft und Technik hatten den TENG erst vor zwei Jahren entscheidend weiterentwickelt.[3] Den Pekinger Wissenschaftlern war es gelungen, einen extrem elastisch und vielseitig formbaren Nanogenerator zu entwickeln, der in beinahe beliebiger Form produziert und genutzt werden kann.[4]
Mit der Sandwich-Methode zu tragbaren Solarzellen?
Die in Suzhou hergestellte Solarzelle kannst du dir daher als eine Art Sandwich aus Siliziumkristall mit einer transparenten Zwischenlage aus einem leitfähigen Kunststoff und einer Schicht aus einer Silikonvariante vorstellen. Darin nutzen die Solarzelle und der TENG die Kunststofflage als Elektrode. In die Kunststoff- und Silikonschicht sind außerdem Rillen geprägt. Fallen Regentropfen darauf und fließen an der Oberfläche entlang, wird durch die Reibung geringe statische elektrische Ladung erzeugt. Durch die gerillte Oberfläche kann außerdem mehr Licht in das Panel reflektiert werden.[5] Das Forscherteam aus Suzhou hat mit dieser Erfindung noch viel vor. So möchte man aus den kostengünstigen und leichtgewichtigen neuen Solarzellen als nächstes Fasern für Jacken anfertigen, mit denen tragbare Elektronik aufgeladen werden könnte.
Alle Möglichkeiten nutzen, um Energie aus regenerativen Energiequellen zu gewinnen
Von den chinesischen Forschungsansätzen bin ich wirklich begeistert. Allerdings ist der Stromertrag der neuen Solarzellen derzeit noch deutlich geringer als der herkömmlicher Siliziumsolarzellen – sogar bei schlechtem Wetter. Hier ist die Wissenschaft weiter gefragt, den Wirkungsgrad zu steigern und die Abhängigkeit der Solarstromerzeugung von der Sonneneinstrahlung damit messbar zu verringern. Ich bin zuversichtlich, dass das eines Tages gelingt – schließlich ist es häufig so, dass Leistung und Wirkungsgrad bei neuen Erfindungen noch gering sind. Im Sinne der Energiewende sollten wir aber schon heute neue Wege gehen und keine Möglichkeit ungenutzt lassen, um Energie aus möglichst vielen regenerativen Energiequellen zu gewinnen.
Euer Stefan
Quellen:
[1] A Sun and Rain Bi-Triggering Solar Cell in: Angewandte Chemie, Nr. 10/2016, 1. April 2016
[2] ACS Nano, Nr. 12/2018, pp 2893–2899, 14. Februar 2018
[3] Scinexx.de
[4] Phys.org
[5] Süddeutsche Zeitung, 23. Mai 2018