Licht ins Dunkel bringen: Was bei Stromausfall zu tun ist
Ein Bagger kappt eine Versorgungsleitung, ein Versorgungskabel hat einen Defekt – Stromausfälle können immer passieren. Christoph Vierkötter von den Netzen Solingen hat mir erklärt, wie man sich bei einem Stromausfall am besten verhalten soll.
Kerstin Griese: Christoph, die Stromversorgungssicherheit in Deutschland ist im internationalen Vergleich sehr hoch. Wie beurteilst du als Leiter der Netzführung der Netze Solingen die Lage speziell hier in der Klingenstadt?
Christoph Vierkötter: Deutschland hat in Europa einen Spitzenplatz in Sachen Versorgungssicherheit, da hast du Recht. Und unser lokales Stromnetz, in dessen Erhalt und Ausbau wir kontinuierlich investieren, ist sehr gut. Das sieht man auch an unseren Zahlen: Solingen ist in der glücklichen Lage auf eine geringe Quote an Strom- und Gasstörungen verweisen zu können. Eine Tatsache, die auch die Bundesnetzagentur zum wiederholten Maße positiv bescheinigt hat.
Kerstin Griese: Dennoch kann es aber zu einzelnen Stromausfällen kommen?
Christoph Vierkötter: Stromausfälle lassen sich trotz aller Maßnahmen nie ganz verhindern und können ganz unterschiedliche Ursachen haben. Einerseits kann es passieren, dass ein defektes E-Gerät für einen Kurzschluss und damit zu einem Stromausfall in einem einzelnen Gebäude sorgt. Das hat sicher schon fast jeder einmal erlebt. Allerdings fällt so eine Störung nicht in den Bereich der Netze Solingen, da in einem solchen Fall nur die eigene Gebäudetechnik bzw. Installation nicht aber die Versorgungskabel außerhalb des Hauses betroffen sind. Anders sieht es aus, wenn zum Beispiel durch Tiefbau-Maßnahmen an öffentlichen Baustellen aus Versehen unterirdische Stromkabel beschädigt werden, ein Blitz einschlägt oder aus verschiedenen Gründen eine Anlage oder ein Erdkabel einen Defekt hat.
Kerstin Griese: Wie häufig kommen denn deiner Erfahrung nach Stromausfälle vor, bei denen die Netze Solingen gefragt sind?
Christoph Vierkötter: Wir unterscheiden zwischen Stromausfällen im Bereich der Mittel- und der Niederspannung. Dazu sollte man sich einmal den Stromfluss vom Kraftwerk bis zum Verbraucher vor Augen führen. Die erzeugte Elektrizität, z. B. aus einem Kraftwerk, kommt mit 110.000 Volt Hochspannung in den Solinger Umspannanlagen an. Die dort vorhandenen Transformatoren sorgen dafür, dass die Spannung auf 10.000 Volt in sogenannte Mittelspannung „umgespannt“ wird. In den knapp 1.000 Trafostationen im Stadtgebiet wird die Energie dann wiederum in Niederspannung transformiert, denn diese Spannungsebene ist an unseren Haushalts-Steckdosen direkt nutzbar. Deshalb erfolgt in unserem Solinger Niederspannungsnetz schließlich die entscheidende Feinverteilung der Elektrizität – und zwar von den Trafostationen über die Kabelverteilerschränke bis hin zu den einzelnen Hausanschlüssen. Es handelt sich hier um insgesamt ca. 1.800 km Energiekabel, die für die Verteilung genutzt werden. Rund 15 Stromausfälle kommen pro Jahr im Solinger Mittelspannungsnetz vor, etwa 80 im Niederspannungsnetz. Das klingt vielleicht viel, aufs Jahr gerechnet ist es das aber gar nicht.
Kerstin Griese: Und was sind die häufigsten Ursachen für solche Stromausfälle?
Christoph Vierkötter: Stromausfälle passieren zu jeder Jahreszeit, wenn es heiß oder kalt ist. Im Sommer ist es in den letzten Jahren die Hitze und der trockene Boden im Winter die Feuchtigkeit und der Frost, der den Kabeln und Anlagen zu schaffen macht. Denn das Material und das Erdreich zieht sich durch die Kälte zusammen und dehnt sich bei steigenden Temperaturen wieder aus. Dazu kommt, dass die Kabel im Herbst und Winter natürlich stärker belastet werden, da für Beleuchtung und elektrisch erzeugte Wärme insgesamt mehr Energie benötigt wird. Aber auch durch Tiefbau-Arbeiten kommt das Erdreich in Bewegung, was sich unter Umständen auf die Versorgungskabel auswirkt. Bei starken Stürmen haben wir in Solingen dagegen weniger Probleme mit Stromausfällen, da wir relativ wenige Freileitungen haben, die bei einem Sturm eine Angriffsfläche bieten würden.
Kerstin Griese: Angenommen, in mehreren Solinger Gebäuden fällt der Strom tatsächlich aus. Was passiert dann?
Christoph Vierkötter: Wenn wir von so einem Stromausfall erfahren, setzt das eine ganze Kette von Maßnahmen in Gang. Zuerst muss die Ursache gefunden werden. Auch die Frage, ob es sich um einen Ausfall in der Mittel- oder Niederspannung handelt, ist relevant. Von Ausfällen in der Mittelspannung sind meistens ganze Straßenzüge oder -viertel betroffen. In der Niederspannung sind durchschnittlich fünf bis sechs einzelne Gebäude betroffen. Liegt die Ursache für das Problem unterirdisch an einem Versorgungskabel, muss das defekte Kabel zuerst gefunden und spannnungsfrei geschaltet werden. Danach erfolgt eine punktgenaue Fehlerortung mit unserem Kabelmesswagen, da die Kabel zum Teil mehrere hundert Meter lang sein können. Ist der Fehlerort gefunden, muss dieser durch entsprechende Tiefbau-Arbeiten freigelegt werden, damit die schadhafte Stelle durch unsere Montageteams repariert werden kann. Deshalb dauert das Beheben eines Stromausfalls auch unterschiedlich lange.
Kerstin Griese: Wie lange ist man als Solingerin oder Solinger denn im Schnitt ohne Strom, wenn ein Stromausfall aufgetreten ist?
Christoph Vierkötter: Ist im Mittelspannungs-Netz zum Beispiel ein Kabel defekt, können wir durch Umschaltungen in unserem vermaschten Netz den ausgefallenen Bereich relativ schnell wieder versorgen. Das ist nach durchschnittlich 40 Minuten der Fall. Bei Stromausfällen in der Niederspannung gestaltet sich die Fehlersuche und Wiederversorgungdeutlich aufwändiger, da die Hausanschlüsse direkt an dem Versorgungskabel angeschlossen sind. Es gibt hier keine Umschaltmöglichkeiten und somit sind die betroffenen Kunden leider über die komplette Dauer, wie gerade beschrieben, betroffen. Daher ist hier in der Regel nach sechs bis sieben Stunden der Normalzustand wieder erreicht.
Kerstin Griese: Was sollte man ganz konkret tun, wenn der Strom plötzlich weg ist?
Christoph Vierkötter: Am besten erst einmal Ruhe bewahren und nachsehen, ob das ganze Gebäude oder nur bestimmte Etagen oder Bereiche vom Stromausfall betroffen sind. Liegt das Haus komplett im Dunklen, sollte man nachschauen oder ggf. -fragen, ob die Stromversorgung in den Nachbarhäusern noch funktioniert. Ist man alleine betroffen, liegt aller Wahrscheinlichkeit nach ein Problem innerhalb des eigenen Gebäudes vor. Hilfreich kann es dann sein, zuerst das zuletzt eingeschaltete Elektrogerät vom Stromnetz zu trennen und danach den Sicherungskasten genau in Augenschein zu nehmen. Zu diesem Vorgehen hat Katrin Gransee von den Stadtwerken Solingen vor einiger Zeit schon einen Blogbeitrag verfasst. Sind auch Nachbarn oder ganze Straßenzüge von der Stromversorgung abgeschnitten, empfehle ich zuerst einen Blick auf das Smartphone. Unter www.stromausfall.de kann man einsehen, ob für den eigenen Bereich ein bereits bekannter Ausfall vorliegt. Denn dieses Portal bietet eine hilfreiche bundesweite Übersicht über aktuelle Stromausfälle, die von Internetnutzern gemeldet wurden. Wird dort ein Ausfall angegeben, dann weiß man zumindest Bescheid und kann auf die Fehlerbehebung durch uns warten.
Kerstin Griese: Wenn dort aber noch kein Ausfall verzeichnet wurde, was mache ich dann?
Christoph Vierkötter: Idealerweise zweierlei – erstens bitte den Entstördienst der Netze Solingen anrufen, dort nehmen unsere Mitarbeiter rund um die Uhr Anrufe entgegen.
Und zweitens sollte man die Störung auf www.stromausfall.de melden, damit auch andere möglicherweise Betroffene schnell informiert werden können.
Kerstin Griese: Gerade in diesen Tagen hat die dunkle Jahreszeit begonnen. Was sollte jeder Mensch für den Fall der Fälle zuhause haben?
Christoph Vierkötter: Sollte es tatsächlich einmal zu einem Stromausfall kommen, sollten idealerweise Kerzen, Anzünder und besonders im Winter auch warme Decken im Haus oder in der Wohnung sein. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe informiert in einer veröffentlichten Broschüre über solche Notfallvorsorge.
Kerstin Griese: Gibt es auch etwas zu beachten, wenn der Strom wieder fließt?
Christoph Vierkötter: Häufig passiert es, dass der Strom plötzlich ausfällt, während man gerade etwas tut, zum Beispiel bügelt oder sich die Haare föhnt. Diese elektrischen Geräte sind dann meistens noch am Stromnetz angeschlossen und schalten sich sofort wieder ein, wenn die Stromzufuhr wieder gegeben ist. Gerade bei einem Bügeleisen kann das gefährlich werden, besonders wenn der Stromausfall abends passiert und der Wohnungsbewohner inzwischen schlafen gegangen ist. Deshalb wäre mein Tipp: Den Netzstecker aller zuvor angeschalteten E-Geräte abziehen, während man darauf wartet, dass der Strom wieder fließt. Und nicht vergessen, den (Handy-)Wecker zu stellen, damit man am nächsten Morgen nicht verschläft.
Autor: Kerstin Griese