Oh Tannenbaum, wie öko sind deine Blätter?
Ein Weihnachtsbaum zum Fest? Unverzichtbar! Doch wer will schon Pestizide im Wohnzimmer und eine schlechte Klimabilanz durch lange Transportwege? Ich habe recherchiert, worauf es beim Kauf eines umweltfreundlichen Tannenbaums ankommt und wo er zu haben ist.
Giftbombe im Wohnzimmer
Oh du fröhliche? Die vorweihnachtliche Stimmung ist bei mir in diesem Winter mit Corona-Zahlen auf Rekordniveau und abgesagten Weihnachtsmärkten eher trübe. Umso mehr freue ich mich auf die Festtage im Kreis der Familie, und da gibt es bei uns zuhause – und vielleicht ja auch bei euch – feste Traditionen. Eine der wichtigsten: Ein schöner Tannenbaum.
Was auch immer da draußen in der Welt passieren mag, es gibt kein Weihnachtsfeeling ohne Tannenduft. So wie ich denken offenbar die meisten Deutschen: Nach Angaben der Umweltorganisation Robin Wood werden jährlich rund 28 Mio. Weihnachtsbäume in Deutschland verkauft. Doch nur die allerwenigsten Christbäume wachsen unter kontrolliert ökologischen Bedingungen heran. Im Gegenteil: Der größte Teil der hierzulande verkauften Nadelbäume stammt aus Weihnachtsbaum-Plantagen, in denen in großem Umfang Herbizide, Insektizide und Fungizide eingesetzt werden. Wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) schon im vergangenen Jahr berichtete, wurden in Untersuchungen wiederholt Rückstände gefährlicher Pestizide nachgewiesen, deren Wirkstoffe das Nervensystem schädigen, das Hormonsystem beeinflussen oder Krebs erregen können. Problematisch ist das nicht nur für uns Menschen, sondern vor allem für die Artenvielfalt. Gelangen die Gifte in Gewässer und Böden, schädigen und töten sie Bienen, andere Insekten und zerstören die Lebensräume von Nützlingen. Das ist noch nicht alles: Nach Angaben des Bundesumweltamtes stammen etwa zehn Prozent der hierzulande verkauften Weihnachtsbäume aus Christbaumkulturen aus dem Ausland, hauptsächlich aus Dänemark. Das führt nicht nur zu langen Transportwegen und damit zu einer schlechten Ökobilanz, sondern auch zu einer kaum nachvollziehbaren Situation, was die zum Baumwachstum eingesetzten Chemikalien betrifft. Denn im Ausland können zum Düngen und zur Unkrautvernichtung Substanzen verwendet werden, die in Deutschland verboten sind. Kurz gesagt: Es gibt eine Menge guter Gründe, beim Kauf des Weihnachtsbaums ganz genau hinzusehen.
Ökologische Tannenbäume: Daran erkennt ihr sie
Obwohl in dieser Vorweihnachtszeit wieder viele schöne Dinge wegen Corona ausfallen müssen: Der Weihnachtsbaum gehört auf keinen Fall dazu, denn zum Glück gibt es umweltfreundliche Alternativen zum konventionellen Plantagen-Baum. An erster Stelle steht dabei die ökologisch zertifizierte Christtanne. Als Öko-Weihnachtsbäume gelten alle Bäume, die aus Betrieben stammen, die entweder nach den Kriterien des ökologischen Landbaus (z. B. Bioland, Naturland, Demeter oder BIO) oder des ökologisch ausgerichteten Waldbaus (Naturland oder FSC -(Forest Stewardship Council)) von unabhängiger Seite zertifiziert sind. Weihnachtsbäume mit einem solchen Siegel werden ohne Pestizide angebaut und naturbelassen aufgezogen.
Aber Achtung: Bäume mit dem Fairtree-Siegel sind keine Bio-Bäume. Hier wurde „nur“ den Sammlern des Saatgutes in Georgien ein fairer Lohn gezahlt. Wo es echte Öko-Bäume in Deutschland zu kaufen gibt, erfahrt ihr in der aktuellen Liste von Robin Wood. Hier in unserer Klingenstadt ist das Angebot an Öko-Weihnachtsbäumen allerdings sehr gering. So gibt es bei BAUHAUS an der Focher Straße eine begrenzte Menge Weihnachtstannen mit BIO-Siegel.
Gut für Umwelt, Klima und heimische Wirtschaft: Weihnachtsbäume aus unserer Region
Wenn ihr keinen zertifizierten Öko-Weihnachtsbaum bekommt, dann empfehle ich euch die Wahl eines Baumes aus unserer Region. Für die Umwelt ist das auf jeden Fall von Vorteil, denn lange Transportwege entfallen. Außerdem wird die lokale Wirtschaft gestärkt.
Naturbelassene Weihnachtsbäume aus eigener Anzucht könnt ihr zum Beispiel in Widdert kaufen: Auf seinem Hof an der Lacher Str. 93 verkauft Bauer Robert Conrads täglich von 10 bis 17 Uhr frisch geschlagene Weihnachtsbäume, die in der eigenen, umzäunten Schonung angebaut wurden. Wenn ihr euren Weihnachtsbaum lieber selbst schlagen möchtet, ist auch das bei Bauer Conrads auf Anfrage möglich. Pestizide kommen dort nicht zum Einsatz, denn den Job der Unkrautvernichtung erledigt im Sommer eine Herde Shropshire-Schafe.
Ein paar Meter weiter, ebenfalls an der Lacher Straße, liegt das Weihnachtsbaum-Feld von Melanie und Jürgen Meis. Das Ehepaar verkauft seine jährliche Weihnachtsbaum-Ernte an den Wochenenden vom 3. und 4. Advent (11./12. und 18./19. Dezember) in der Zeit zwischen 10 und 16 Uhr. Das Besondere daran: Alle Bäume sind noch in der Erde, wenn der Verkauf startet. Sie werden erst dann geschlagen, wenn der oder die Käuferin sich für ein Exemplar entschieden hat. Pestizide haben bei Familie Meis ebenfalls keine Chance: „Unser Feld ist nicht so riesig und Unkraut darf bei uns einfach stehen bleiben“, erzählt mir Melanie Meis bei einem Telefonat.
Kunststoff-Tannenbäume aus Fernost: Gar keine gute Idee
Vielleicht habt ihr euch schon gefragt, ob Weihnachtsbäume im Topf nicht auch eine ökologische Alternative sein könnten. Abgesehen davon, dass je nach Baumgröße ein solcher Topf mit Erde ganz schön schwer sein kann, ist der starke Temperaturwechsel von draußen nach drinnen und umgekehrt für viele Bäume zu anstrengend. Da die meisten von ihnen diese Umstellung nicht überleben und die Entnahme und der Transport der Erde wenig umweltfreundlich ist, rät die Verbraucherzentrale von Topf-Bäumen ab.
Die gleichen Probleme treffen – logisch – auch auf „Leih-Bäume“ zu, die man zu den Festtagen bei einigen Anbietern mieten und später wieder zurückgeben kann. Allerdings gibt es solche Spezial-Vermieter hauptsächlich in Großstädten. Übrigens haben Plastikbäume leider gar keine gute Klimabilanz: Sie werden aus fossilen Energieträgern wie Erdöl hergestellt und im Produktionsprozess (häufig in China) oft mit gefährlichen Chemikalien versetzt. Ganz zu schweigen von den großen CO2-Mengen, die auf dem langen Transportweg emittiert werden. Der weit verbreitete Irrglaube, Kunststoff-Tannenbäume seien wegen ihrer Wiederverwendbarkeit eine bessere Wahl als echte Bäume, trifft also nicht zu.
Vor dem Fest ist nach dem Fest: Die richtige Tannenbaum-Entsorgung
Aber egal, ob ihr euch für einen Öko- Weihnachtsbaum oder ein frisch geschlagenes Exemplar aus der Region entscheidet: Spätestens im neuen Jahr stellt sich die Frage, wohin mit dem guten Stück? Wie in den meisten Kommunen werden auch in Solingen ausgediente Weihnachtsbäume von den Technischen Betrieben eingesammelt und fachgerecht entsorgt, und zwar am 7. Januar 2022. Wichtig: Mitgenommen werden ausschließlich Tannenbäume oder ihre Teile bis max. 2 m Länge und bis max. 15 cm Stammdurchmesser, ohne Wurzelballen, Topf, Netz oder Lametta. Bitte stellt eure Tannenbäume nicht schon Wochen vor dem Abholtermin an die Straße.
Möchtet ihr eure Tanne deutlich vor dem offiziellen Termin entsorgen, könnt ihr sie zum EntsorgungsZentrum Bärenloch an der Cronenberger Straße 177 bringen. Hier gelten die gleichen Rücknahme-Bedingungen wie bei der Straßenabholung. Bitte beachtet auch die geänderten Öffnungszeiten des EntsorgungsZentrums an Silvester.
Zurück in den Wald gehören die Christbäume a.D. übrigens auf keinen Fall, denn auch Bio-Tannenbäume benötigen viele Jahre, bis sie verrotten. Allerdings haben sie im Gegensatz zu konventionellen Weihnachtsbäumen einen entscheidenden Vorteil: Sie können teilweise weiter verwertet werden. Ihre Zweige eignen sich als Frostschutz auf Gartenpflanzen, große Äste lassen sich als unterste Schicht für einen neuen Haufen Kompost nutzen und aus den Nadeln könnt ihr Badezusätze mit ätherischen Ölen herstellen.
Ich wünsche Euch viel Spaß beim Weihnachtsbaum-Kauf!
Autor: Kerstin Griese