Wallboxen für Wohnungseigentümer?
Seit dem 1. Dezember 2020 haben Wohnungseigentümer einen Rechtsanspruch auf Ladeinfrastruktur. Was sich in der Theorie einfach anhört, zieht in der Praxis Fragen nach sich. Mein Kollege Kevin Saxler hat eine Eigentümer-Versammlung besucht.
Angebote für Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs)
Christian Olbrisch: Kevin, wie bist du überhaupt in die Versammlung eingeladen worden?
Kevin Saxler: Ich stand schon länger mit dem Hausverwalter in Kontakt. Ein Eigentümer aus der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) hatte ein Angebot angefragt. Ich war mit dem Verwalter vor Ort und habe dann ein entsprechendes Angebot vorgelegt. Es gab dann viele Rückfragen zu unserem Konzept, deshalb hat mich der Hausverwalter dazu gebeten. So konnte ich direkt mit den Eigentümern sprechen und auch ein paar Mythen aufdecken.
Olbrisch: Um was für ein Objekt handelt es sich?
Saxler: Es geht um ein Mini-Parkhaus über zwei Etagen mit insgesamt 28 Stellplätzen. Die WEG umfasst 28 Einheiten in zwei Mehrfamilienhäusern. Bei dem Termin waren ca. 25 stimmberechtigte Eigentümer vor Ort.
Olbrisch: Und wie sind die örtlichen Gegebenheiten was die Ladeinfrastruktur angeht?
Saxler: Der Weg von den Häusern zur Garage ist relativ lang, so dass wir einen neuen Anschluss schaffen müssten – also einen Anschlussschrank mit Wandler. Außerdem ist bei so großen Anlagen ein Lademanagement notwendig.
Olbrisch: Und wie sah unser Angebot aus?
Saxler: Wir haben ein Konzept, wo wir erstmal in Vorleistung gehen, also den Anschlussschrank, Netzanschluss und Leerrohre bzw. Kabeltrassen bauen. In diesem Fall wären das 33.000 Euro gewesen. Die Kosten bezahlen – bei einem Mehrheitsbeschluss – alle Eigentümer über eine monatliche Pauschale. Hier also 9,86 Euro über zehn Jahre. Im Gegenzug sind wir der Lieferant für die Wallboxen und den Strom. So passen alle Module zueinander und wir übernehmen auch die Abrechnung.
Olbrisch: Welche Fragen stellen sich die Eigentümer?
Saxler: Die wichtigsten Fragen drehten sich um dieses Konzept. Also wie setzen sich die Kosten für jeden Eigentümer zusammen? Was sind unsere Leistungen? Wie bereits beschrieben, gehen wir in Vorleistung für Anschlussschrank, Netzanschluss und Leerrohre bzw. Kabeltrassen. Die Eigentümer zahlen diese Investition über die nächsten zehn Jahre monatlich zurück. Hier also 9,86 Euro. In dieser Zeit übernehmen wir auch die Wartung und mögliche Reparaturen an der Anlage. Außerdem liefern wir den verbrauchten Strom. Wenn ein Eigentümer eine Wallbox installieren will, kauft er bei uns die Wallbox (Einmalkosten bei 1.699 Euro) und die Installation ein. Dazu gehört z. B. die Anbindung an das Backend und die Abrechnung. Dafür werden standardmäßig 9,99 Euro pro Monat für diesen Eigentümer fällig.
Olbrisch: Welche Wallboxen setzt ihr dafür ein?
Saxler: Wir benötigen dafür sogenannte intelligente Wallboxen. Derzeit arbeiten wir mit dem Modell Eve Single Pro Line von Alfen. Die Erfahrungen im TankE-Netzwerk mit diesem Boxen sind gut und sie haben ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Olbrisch: Welche Fragen kamen sonst noch zu dem Konzept?
Saxler: Ob man sich den Stromlieferanten für den Ladestrom frei aussuchen kann. Kann man nicht, wir liefern den Strom und rechnen ihn mit den Eigentümern ab. Das ist der Teil, wo wir unser Geld verdienen. Im Gegenzug bekommen die Eigentümer aber eine Lösung ohne Risiko: Die Investitionskosten liegen bei uns, der Betrieb der Anlage ebenfalls.
Olbrisch: Gab es noch andere Fragen, die sich nicht direkt um das Konzept gedreht haben?
Saxler: Ich bin z. B. zu der Gewährleistung gefragt worden, ob die Wallboxen auch zehn Jahre durchhalten. Die Garantie vom Hersteller beträgt ja nur zwei Jahre. Wir haben aber seit fünf Jahren schon diese Wallboxen im Einsatz und bisher keine Probleme damit.
Olbrisch: Was ist mit Eigentümern, die selbst kein E-Auto fahren?
Saxler: Ich denke so 50 Prozent spielen schon mit dem Gedanken, irgendwann ein E-Auto anzuschaffen. Für die wäre es dann sehr einfach, sich in unser Konzept einzuklinken. Es gab aber auch Eigentümer, die gar kein Auto fahren. Die wollten natürlich wissen, was sie davon haben. Die haben erstmal nur die Kosten von 9,86 Euro/Monat gesehen. Das ist wie bei anderen Mehrheitsentscheidungen, wie z. B. bei einem Aufzug. Bei der Ladeinfrastruktur habe ich aber eine klare Wertsteigerung für meine Immobilie: Die kann ich für einen höheren Preis verkaufen, wenn der Käufer ganz einfach seine Wallbox installieren lassen kann.
Olbrisch: Gab es auch Fragen, die sich mit anderen Aspekten unserer Produkte beschäftigen?
Saxler: Ja, in der Tat! Ich wurde auch gefragt, wie das mit Dienstwagenfahrern ist. Die haben das Interesse, ihren Ladestrom über die Firma abzurechnen. Das können wir in so einem System problemlos darstellen.
Olbrisch: Und vielleicht in paar eher grundsätzliche Fragen?
Saxler: Keine Frage, aber einige Eigentümer haben die Sorge, dass sich die Elektro-Mobilität gar nicht durchsetzen wird, sondern vielleicht Wasserstoff-Autos kommen. Meine persönliche Antwort ist dann immer, dass grüner Wasserstoff viel zu aufwändig und damit teuer zu produzieren ist. Den brauchen wir für den Antrieb von LKWs, Flugzeugen oder Schiffen, die nicht mit Akkus fahren können, außerdem für die Schwerindustrie. Für Personenkraftwagen wird da nix mehr übrigbleiben.
Olbrisch: Gibt es schon eine Entscheidung, ob die WEG das Angebot annimmt?
Saxler: Ich warte auf die Rückmeldung des Verwalters, denn natürlich habe ich den Raum vor der anschließenden Diskussion verlassen müssen.
Olbrisch: Da spreche ich doch gleich mal Dagmar Kleimt an. Unsere ehemalige Kollegin ist nämlich einer der Wohnungseigentümer in der WEG. Dagmar, wie ist die Vorstellung bei dir angekommen? Sind alle Fragen beseitigt?
Dagmar Kleimt: Das war schon sehr informativ. Eine persönliche Vorstellung ist immer hilfreicher. Man kann sofort alle Fragen stellen und erhält direkt Antwort.
Olbrisch: Und, habt ihr schon eine Entscheidung treffen können? Und falls ja, wie sieht die aus?
Kleimt: Wir werden das Angebot der Stadtwerke annehmen.
Olbrisch: War es hilfreich für euch, dass Kevin in eure Versammlung gekommen ist?
Kleimt: Auf jeden Fall.
Saxler: Also, wir kommen gerne in die WEG-Versammlungen und stellen unser Konzept vor. Das ist schon erklärungsbedürftig. Letztes Jahr sind viele Versammlungen wegen Corona verschoben worden oder haben sich auf das nötigste beschränkt. Jetzt haben wir mehr und mehr Anfragen.
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