Wasserwerk Glüder führend beim Schutz vor Cyanobakterien
Talsperren, Stauseen werden häufig von toxischen Cyanobakterien befallen – in Solingen besser bekannt als Burgunderblutalge. Auch das Wasserwerk Glüder hatte in 2013 mit dem Problem zu tun. Inzwischen gehören die Kollegen in Glüder zu den Experten in dieser Thematik. Am 11. April 2018 hatte das Wasserwerk in Kooperation mit dem Hersteller unserer Algenmessgeräte zu einem Fachseminar eingeladen, an dem zehn Teilnehmer aus dem Bereichen Wasserwerk- und Talsperrenbetreiber, Universitäten und Behörden teilgenommen haben. Wir haben dazu Andreas Mokros, Wasserwerksmeister in Glüder gesprochen.
Kerstin Griese: Herr Mokros, was ist der Stand beim Umgang mit Cyanobakterien?
Andreas Mokros: Es ist nach wie vor so, das regelmäßig Talsperren und Seen von stärkeren Vorkommen der potentiell giftigen Cyanobakterien heimgesucht werden. Dies stellt die Betreiber einer Wasserversorgung, aber auch Behörden, insb. bei öffentlichen Badeseen, vor eine Vielzahl von Problemen. Ist man als Wasserwerk gut aufgestellt und hat ein entsprechendes Aufbereitungsverfahren, dann ist eine Algenblüte gut zu managen, ohne dass es große Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit mit Trinkwasser gäbe. Bei öffentlichen Seen müssen ab einer entsprechenden Konzentration Warnungen oder sogar Badeverbote ausgesprochen werden. Zudem bestünde auch die Gefahr, dass Hunde beim Spaziergang aus den belasteten Seen trinken und dadurch gesundheitliche Schäden erleiden. Entsprechende Meldungen verfolge ich regelmäßig über sog. Alerts durch die Google Suchmaschine. Jedes Mal sobald eine Nachrichtenseite einen Beitrag im Bezug zu Cyanobakterien veröffentlicht, erhalte ich automatisch eine E-Mail, dadurch erfährt man sehr gut, in welchen Regionen Algenblüten mit toxischen Algen aufkommen und welche Maßnahmen die dortigen Verantwortlichen treffen.
Kerstin Griese: Welche Themen haben Sie in dem Fachseminar behandelt?
Andreas Mokros: Wir hatten verschiedene Experten vor Ort. Diese haben uns z. B. erläuterte, warum Algen und Cyanobakterien überwacht werden müssen und welche Analysemethoden bei Algen und Cyanobakterien angewendet werden können. Dabei haben wir eine spezielle Form der Messung von Algen besprochen: Die fluorometrische Messung nutzt die unterschiedliche Pigmentzusammensetzung einzelner Algenarten, um diese automatisch auszuzählen. Ein weiteres Thema waren die Maßnahmen, die in der Wasseraufbereitung gegen Algen und Cyanobakterien eingesetzt werden können. Wir als Wasserwerk Glüder haben dann einen Erfahrungsbericht geliefert, wie alle diese Themen zusammenfließen in eine Problemlösung, wie wir sie in Glüder angewendet haben.
Kerstin Griese: Welche Fragestellungen waren für die Teilnehmer besonders interessant? Mit welchen Problemen haben andere Wasserwerke zu kämpfen?
Andreas Mokros: Ganz besonders wichtig waren natürlich die geeigneten Mess- und Analyseverfahren, um die Gesamtkonzentrationen an Algen zu bestimmen und dadurch mögliche Risiken entsprechend bewerten zu können. Wenn eine Algenkonzentration gemessen wird, dann ist es natürlich besonders wichtig zu wissen, wie hoch der Anteil an gefährlichen Algen ist. Aber auch ungefährliche Algen können bei einem Massenbefall Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung haben. Übermäßige Algenaufkommen können die Filter des Wasserwerkes sehr schnell maximal belasten, so dass die Förderleistung nicht mehr ausreicht, um das Versorgungsgebiet mit ausreichend Trinkwasser zu beliefern. Manche Algen können auch den Geschmack und Geruch des Trinkwassers in ungewünschter Form belasten. Diese Stoffe sind i. d. R. ungefährlich, können aber mit konventionellen Sandfiltern nicht entfernt werden. Hier müsste man dann Aktivkohle einsetzen. Sehr interessiert waren die Teilnehmer über unser neues Verfahren, das vor dem Bau der neuen Vorfiltration mittels Pilotanlage im Versuchsmaßstab erforscht wurde. Zum Einsatz gegen die Algen wurden sechs geschlossene Stahlfilter erstellt, die mit Hydroanthrazit und einer Körnung von vier bis acht Millimeter die Algen schonend und ohne Einsatz von Aufbereitungsstoffen aus dem Wasser entfernen. Nach den Filtern der Vorfiltration können wir bei Bedarf mit einer weiteren Anlage Pulveraktivkohle dosieren und Spurenstoffe sicher entfernen. Im Anschluss an die Vorträge wurde die neue Anlage vor Ort besichtigt und weitere Fragen zur Thematik diskutiert.
Kerstin Griese: Sie haben 2013 ebenfalls Cyanobakterien in der Sengbachtalsperre festgestellt. Welche Maßnahmen haben Sie seither ergriffen?
Andreas Mokros: Wir haben eine ganze Reihe an Maßnahmen getroffen: Als erstes haben wir besagte Algenmessungen beschafft. Ein Messgerät misst 24/7 die Konzentration in unserem Rohwasser, aber auch gleichzeitig das aufbereitete Wasser der Filterstufe 1. Somit erfassen wir jederzeit was in unserem Rohwasser im Wasserwerk ankommt und ob auch alles an Algenmasse entsprechend zurückhalten und abfiltriert wird. Sollten die eingestellten Grenzwerte überschritten werden, erfolgt automatisch ein Alarm in unserer Leitzentrale und wir handeln innerhalb kürzester Zeit. Mit einem weiteren Messgerät führen bei Bedarf Mitarbeiter gezielt Messungen in der Talsperre durch. Hier erhalten wir dann Messergebnisse, in welchem Bereich und in welcher Tiefe der Talsperre sich welche Konzentrationen befinden. Dadurch können wir Entwicklungen festhalten und Prognosen erstellen, mit denen wir uns dann im Wasserwerk entsprechend vorbereiten. Als Präventivmaßnahme wurde unsere Vorsperre ausgebaggert und die dortigen Sedimente entfernt. Über einen langen Zeitraum lagern sich darin Nährstoffe ab, die für ein Algenwachstum zur Verfügung stehen würden. Weniger Nährstoffe bedeuten auch immer weniger Algenwachstum und eine geringere Möglichkeit einer Algenblüte. Die wichtigste Maßnahme war natürlich der Bau unserer neuen Vorfiltration und die Pulveraktivkohle-Anlage (PAK). Es stehen nun sechs Filter zur Algenentfernung zur Verfügung, die jeweils mit Wasserqualitätsmessungen ausgestattet sind und rund um die Uhr Daten an unsere Leitzentrale übertragen. Die PAK-Anlage wird nur im Bedarfsfall eingesetzt und entfernt Geruchs- und Geschmacksstoffe und natürlich mögliche toxische Stoffe, die durch Algen abgesondert werden könnten.
Kerstin Griese: Und sind die Solinger jetzt sicher vor den Bakterien?
Andreas Mokros: Es zeigt sich auch im Gespräch mit anderen Fachleuten und Experten der Limnologie – das ist die Wissenschaft von den Binnengewässern – dass wir mit unseren bisherigen Maßnahmen optimal aufgestellt sind. Eine Algenblüte wird man nicht verhindern können, aber wir haben das notwendigen Know-how und Equipment diese Situation zu beherrschen und unsere Trinkwasseraufbereitung auch in Zukunft sicher betreiben zu können.
Autor: Kerstin Griese
Wasseraufbereitung
Wasseraufbereitung im Wasserwerk Glüder (Solingen): Ein Bericht mit Video zur Aufbereitung des Trinkwassers in mehreren Stufen.