11 gaben für uns daraus abgeleitet. Wir haben zum Beispiel das Gasnetz der Stadt in Teilbereiche aufgeteilt. Diese lassen sich jetzt schneller und einfacher regulieren. Was beschäftigt Sie im Moment besonders? Zwei große Themen: Die Energiewende natürlich, aber auch der demografische Wandel. Denn wir brauchen weiterhin gut ausgebildete junge Leute in allen Berei- chen, um unserer verantwortungsvollen Aufgabe gerecht zu werden. Das darf jetzt gerne als ein Aufruf zur Bewer- bung verstanden werden, wir stellen ein! Und wie begegnen Sie den Herausforderungen der Energiewende? Die kommt nicht überraschend, daher bereiten wir die Netze schon seit Längerem auf den Wandel vor. Vor allem auf die Verschiebung vom Gas- zum Stromnetz. Was heißt das? Der Gasverbrauch sinkt, auch durch den Umstieg auf regenerative Heiztechnik. Wir rechnen in den kommen- den Jahren mit nur noch rund 30 Prozent des bisherigen Gasbedarfs für Solingen. Für 2045 ist der Ausstieg aus Erdgas geplant. Dafür müssen wir alle gemeinsam noch deutliche Einsparungen schaffen. Der Stromverbrauch hingegen steigt auf das Doppelte – auch durch mehr Elektroautos und Wärme pumpen. In das Gasnetz in- vestieren wir daher künftig etwas weniger. Im Stromnetz verdoppeln wir unsere Investitionen von derzeit fünf Millionen auf zehn Millionen Euro im Jahr 2027. Wie passen Sie das Stromnetz an? Wir bauen das Mittelspannungsnetz aus, damit mehr Energie ins Stadtgebiet fließt. Dafür brauchen wir neue Umspannstationen, die den Strom aus dem Hochspan- nungsnetz in unser Mittelspannungsnetz übertragen. Wir haben in Solingen sieben Umspannwerke, aber geschätzt, dass wir künftig doppelt so viele brauchen werden. Und jedes davon benötigt bis zu drei Hektar Platz– so viel wie vier Fußballfelder. Das ist auch eine stadtplanerische Auf- gabe, die Zeit braucht. Außerdem müssen wir das Nieder- spannungsnetz, das zu den Haushalten führt, ausbauen und intelligenter machen. Wie geht das? Mit Steuerungsmodulen. Zum Beispiel mit intelligenten Stromzählern beim Kunden – vielleicht haben Sie schon unter dem Begriff Smart Meter davon gehört – oder mit digitalen Ortsnetzstationen, also Trafostationen, die Strom ins Niederspannungsnetz verteilen. Die Digitalisie- rung hilft uns dabei, Energieflüsse zu steuern, Störungen s r e d n e e L r e t e P : o t o F »Auch wenn immer mehr Wind- und Sonnenstrom fließen, halten wir unser Netz stabil.« Peter Sossna Geschäftsführer der Netze Solingen vorzubeugen und unsere Netze fit für künftige Anforde- rungen zu machen. Denn die Einspeisung durch Wind- und Sonnenenergie ist insgesamt gestiegen. Mehr als die Hälfte des Stroms in Deutschland kam im ersten Halbjahr 2023 aus erneuerbaren Energien, und viele Haushalte speisen aus ihren Photovoltaikanlagen selbst Strom ins Netz. Das ist gut für unsere Umwelt, aber es macht das Stromnetz volatiler, das heißt unvorhersehbarer. Hierfür brauchen wir smarte Steuertechnik. Viele befürchten, dass die höhere Einspeisung von Ökostrom zu Ausfällen in der Stromversorgung führen könnte. Stimmt das? Die Wahrscheinlichkeit für einen großflächigen Strom- ausfall in Deutschland liegt quasi bei null. Das Netz ist eines der sichersten weltweit. In Solingen erhalten wir jedes Jahr einen Bonus der Bundesnetzagentur, weil unsere Ausfallzeiten noch unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Der lag 2020 bei 10,73 Minuten im Jahr. Das Pro- blem bei der Netzstabilität ist übrigens nicht die Menge an Ökostrom, sondern die Balance zwischen Einspeisung und Verbrauch. Stellen Sie sich das Stromnetz als ein Wasserbecken vor. Es wird beliebig Wasser zugeführt und entnommen, aber der Füllstand muss immer gleich bleiben. Das ist die Herausforderung. Wie kann jeder Einzelne zur Netzstabilität beitragen? In der idealen Welt verbrauchen Sie dann Strom, wenn er erzeugt wird – schalten also die Waschmaschine an, wenn Wind- und Solarkraftwerke auf Hochtouren laufen. Aber natürlich brauchen wir auch an windstillen, dunklen Tagen Strom. Wir bereiten unser Netz auf alle Entwick- lungen vor. Doch es ist gut, wenn sich jeder von uns bewusst macht, was die Energiewende mit sich bringt. Dann können wir die Chancen der erneuerbaren Strom- und Wärmeerzeugung zu unser aller Vorteil nutzen. 02 2023