Energieanbieter wechseln und die Folgen
Ja, ich weiß, überall heißt es, man solle den Energieanbieter regelmäßig wechseln, um die günstigsten Tarife abzusahnen. Und natürlich denkt ihr jetzt, dass wir Angst vor dem Anbieterwechsel machen wollen. Aber, wir haben immer wieder Kunden, die vermeintlich clever sind, uns verlassen und das nachher bitter bereuen. Warum? Das erzähle ich hier.
Viele Energietarife sind nur durch den Neukundenbonus günstig. Allerdings ist bei Abschluss eines solchen Vertrages nicht immer klar, ob ihr den Bonus nachher auch bekommt.
Vertragslaufzeit vs. Belieferungszeit
Zu den beliebten Tricks der Billiganbieter gehört die Vertragslaufzeit. Entscheidend ist, ob der Bonus nach zwölfmonatiger Vertragslaufzeit oder nach zwölfmonatiger Belieferung ausgezahlt wird. Denn Vertragsbeginn ist nicht gleich Lieferbeginn: In der Regel beginnt die Belieferung erst einige Tage nachdem der Vertrag zustande gekommen ist. Wenn ihr zum Ende des ersten Vertragsjahres kündigt und der Bonus ist an die Belieferung geknüpft, fehlen entscheidende Tage. Der Bonus fällt weg!
Kündigungsfrist als Haken
Der nächste Trick ist der Termin der Kündigung: Bei einigen Anbietern entfällt der Bonus, wenn der Vertrag innerhalb des ersten Jahres gekündigt wird. Weil ihr die notwendige Kündigungsfrist zum Ende des ersten Vertragsjahres einhalten müsst, gilt der Vertrag als im ersten Jahr gekündigt: Der Bonus fällt weg!
Vorzeitige Beendigung des Vertrages durch den Energieversorger
Auch durch die vorzeitige Beendigung des Vertrages kann sich ein Energieanbieter aus der Verantwortung stehlen: Ihr kündigt fristgerecht den Vertrag zum Ende des ersten Jahres und erhaltet eine Bestätigung, die den Vertrag willkürlich einige Tage früher beendet. Die Folge: Die Mindestlaufzeit von einem Jahr ist nicht gewährleistet: Der Bonus fällt weg!
Mindestverbrauch
Manche Stromanbieter bieten statt einem finanziellen Bonus auch Frei-Kilowattstunden an. Dadurch reduziert sich der Rechnungsbetrag in der Jahresabrechnung. Diese Frei-kWh sind jedoch häufig an einen Mindestverbrauch gebunden. Du hast Strom gespart und weniger verbraucht als vertraglich vereinbart? Du kannst es dir schon denken: Der Bonus fällt weg!
Pauschaltarife
Pakettarife sehen oft sehr günstig aus, weil es einen Pauschalpreis für eine definierte Abnahmemenge gibt. Verbrauchst du mehr, kommst du automatisch in einen teureren Tarif. Verbrauchst du weniger, bekommst du kein Geld zurück. Außerdem ist gleichzeitig der Bonus hinfällig, wenn weniger als die vereinbarte Menge abgenommen wird.
Ausschlussgründe
Billiganbieter sind kreativ, wenn es gilt, Ausschlussgründe für den Bonus zu finden: Du hast ein Gewerbe? Schon kannst du aus dem Bonusbezug ausgeschlossen werden. Oder du hast vorher bei einem anderen Unternehmen desselben Konzerns Strom bezogen? Dann ist der Bonus wieder weg. Blöd nur, dass es sehr unübersichtlich ist, welche Marken zu welchem Konzern gehören (Übersicht: „Stomanbieter und ihre Marken„).
Mehr als 30% Preiserhöhungen im zweiten Jahr
Warum aber ist es so wichtig, zum Ende des ersten Jahres den Vertrag zu kündigen? Das liegt daran, dass etliche Billiganbieter im zweiten Jahr deutlich teurere Preise verlangen, um den günstigen Tarif aus dem Vorjahr auszugleichen. Stiftung Warentest hat das in 2017 einmal überprüft. Dabei gab es extreme Ergebnisse: Einige Anbieter erhöhten die Energiepreise im zweiten Vertragsjahr auf einen Schlag um 20 oder sogar mehr als 30 Prozent. Da sind die günstigen Konditionen aus dem ersten Jahr ganz schnell wieder aufgebraucht.
Häufig Beschwerden über Billiganbieter
Kein Wunder, dass gerade Billiganbieter besonders häufig Adressaten von Beschwerden sind: Die Internetseite switchup.de hat herausgefunden, dass gerade diejenigen Anbieter, die bei Strompreisvergleichen ganz vorne liegen, besonders hohe Beschwerdezahlen haben. Unfaire Anbieter findest du auf switchup.de.
Ärger mit dem Energieanbieter? Dann sprecht am besten mit der Verbraucherzentrale in Solingen.
Autor: Bastian Schumacher