Eine Mauer in Berlin mit dem Brandenburger Tor und einem Hinweis auf den 3. Oktober (Tag der Deutschen Einheit).
Eine Mauer in Berlin mit dem Brandenburger Tor und einem Hinweis auf den 3. Oktober (Tag der Deutschen Einheit).

Der Kohle-Staat

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Einer für (fast) alles

Als Haupt­en­er­gie­träger setzte die DDR auf Braun­kohle – und zwar mit einem Anteil von knapp 70 Prozent. Der Staat konnte aufgrund knapper Devisen nicht einfach am Weltmarkt Energie­träger einkaufen und der Import von Stein­kohle aus der Sowjet­union war zu teuer und zu aufwendig. Deshalb entschied sich die DDR dazu, im großen Stil eigene Braun­koh­le­vor­kommen abzubauen. Die Dimension stellte alles in den Schatten: Jedes Jahr förderte der Staat im Tagebau 300 Millionen Tonnen Braun­kohle – das entsprach einem Drittel der weltweit abgebauten Menge. Die Braun­kohle diente als Univer­sal­ener­gie­träger. Es gab zwar noch die beiden Kernkraft­werke in Greifswald und Rheinsberg, aber das spielte im Energiemix der DDR keine große Rolle. Wichtiger waren Kombinate wie die „Schwarze Pumpe“ im Süden von Brandenburg. Der weltweit größte Braun­koh­le­ver­ede­lungs­be­trieb wandelte den fossilen Energie­träger in Stadtgas um, das Haushalte neben Braun­koh­le­bri­ketts zum Heizen nutzten. Auch die Strom­pro­duktion basierte haupt­sächlich auf Braun­kohle. Mehr als 80 Prozent der erzeugten Energie stammte aus Kohle­kraft­werken wie etwa dem in Boxberg in der Oberlausitz, wo die DDR ein Viertel des Stroms produzierte.

Pionier­arbeit in der Tiefe

Bei aller Konzen­tration auf Braun­kohle mit katastro­phalen Umwelt­aus­wir­kungen war die DDR auch ein echter Vorreiter: nämlich in der Erdwärme. Mit zahlreichen Tiefen­boh­rungen gelang es einer Gruppe von Ingenieuren schließlich, heiße Wasser­becken aufzu­spüren und nutzbar zu machen. Dies war die Geburts­stunde der Geothermie in Deutschland. 1984 entstand daraufhin in Waren das erste deutsche Erdwär­me­kraftwerk. Es liefert bis heute Fernwärme an rund 1.800 Haushalte. Nächstes Jahr wird dieses seinerzeit innovative Kraftwerk 50 Jahre alt.

Energie­wende auf den letzten Metern

Wenige Wochen vor dem Mauerfall und etwa ein Jahr vor der Wieder­ver­ei­nigung passierte am 11. Oktober 1989 noch eine kleine Revolution auf dem Feld der Erneu­er­baren Energien. Denn bei Wustrow – ganz im Norden des Arbeiter- und Bauern-Staates – ging an dem Tag die erste und einzige offizielle Windkraft­anlage der DDR ans Netz. Diese kleine Energie­wende erfolgte nicht auf Wunsch des Minis­te­riums für Kohle und Energie oder entsprang Planungen eines Energie­kom­binats, also einer Gruppe Volks­ei­gener Betriebe zur Energie­ver­sorgung. Nein, die Entde­ckung der Windkraft geschah auf Eigen­in­itiative eines findigen Bürgers: Klaus-Jürgen Beel suchte nach einer zusätz­lichen Energie­quelle für einen Holzhandel in Rostock, bei dem er damals arbeitete und schaffte es schließlich, die Behörden von dem Kauf einer Vestas-Anlage zu überzeugen. Übrigens liefert es immer noch Strom, aller­dings nicht mehr für den Staat. Klaus-Jürgen Beel kaufte das Energie-Denkmal nach der Wieder­ver­ei­nigung und betreibt es nun privat.

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