Elektroauto gebraucht kaufen: Das solltet ihr wissen
Hohe Neuwagenpreise und weniger staatliche Förderung – immer mehr potenzielle Käufer von E-Autos interessieren sich für einen gebrauchten Stromer. Ich habe nachgeforscht, wo es beim Gebrauchtwagenkauf drauf ankommt.
Immer mehr E-Autos werden zugelassen
Was haben der Tesla Model 3, der Fiat 500e, der Hyundai IONIQ und der VW e-up! gemeinsam? Richtig, alle Automodelle fahren rein elektrisch. Außerdem gehören sie zu den Top 10 der in Deutschland beliebtesten E-Auto-Modelle. Die meisten dieser Automodelle sind obendrein schon eine ganze Weile auf dem deutschen Markt: Der VW e-up! ist seit 2013 erhältlich, der Fiat 500e immerhin seit 2020. Doch während die meisten meiner Bekannten und Freunde vor der Anschaffung eines neuen Autos mit Verbrennermotor ganz selbstverständlich auch den Kauf eines Gebrauchtwagens in Betracht ziehen, kenne ich (noch?) vergleichsweise wenig Menschen, die sich für ein E-Auto aus zweiter Hand entschieden haben. Warum ist das so? Wie sieht der Gebrauchtwagenmarkt bei E-Autos hier in der Klingenstadt tatsächlich aus? Und worauf sollte man bei einem gebrauchten Stromer unbedingt achten? Das wollte ich herausfinden.
Anteil vollelektrischer Fahrzeuge am Gebrauchtwagenmarkt wächst langsam
„Gebrauchte E-Autos sind knapp und teuer“, heißt es auf der ADAC-Website. Begründet wird diese Einschätzung mit den massiven Lieferproblemen auf der Neuwagenseite, die die E-Fahrzeug-Branche seit 2022 plagt – Käufer hätten deshalb den Gebrauchtwagenmarkt leergekauft. AUTOBILD dagegen schreibt im vergangenen März: „Der Gebrauchtmarkt für E-Autos ist noch überschaubar, doch er wächst stetig“, und zitiert außerdem Vertriebschef Stefan Schneck von Autoscout24, der sogar von einem „Überangebot von Gebrauchten“ spricht.
Also was denn nun, habe ich mich gefragt, und bei unseren Autohaus-Kooperationspartnern in Solingen nachgehört. „Derzeit sind bei uns keine gebrauchten E-Autos erhältlich“, so lautete die Auskunft bei Bertrand und Lackmann, und auch beim Autohaus Schönauen gibt es nur vereinzelt Modelle aus zweiter Hand zu kaufen. Allerdings verspricht das dritte Quartal 2023 etwas Hoffnung auf Besserung, denn dann erwarten alle drei Unternehmen immerhin ein paar Leasing-Rückläufer. „2020 wurde der Umweltbonus verdoppelt, da haben viele Käufer zugegriffen. Jetzt läuft bei vielen von ihnen der Leasingvertrag aus“, berichtet David Spallek von Schönauen.
Bei den bekannten Online-Autobörsen wie Mobile.de, Autoscout24.de, Hey.car oder E-Autos.de sieht es besser aus: So ergibt meine Suche nach einem gebrauchten Fiat 500e bei Mobile.de 913 Angebote von Privatanbietern und Autohändlern gleichermaßen. Bei Autoscout24 inserieren knapp 700 (in diesem Fall hauptsächlich gewerbliche Händler) einen gebrauchte Hyundai IONIQ. Es gibt sie also, die gebrauchten Stromer, obwohl sie derzeit laut einer Auswertung von Mobile.de nur 2,4 % des gesamten Angebots der Fahrzeugbörse ausmachen.
Akkucheck vor dem Kauf ist Pflicht
Worauf kommt es bei einem E-Fahrzeug aus zweiter Hand an? Mir persönlich fällt bei dieser Frage immer sofort der Auto-Akku ein, das Herzstück eines jeden E-Fahrzeugs. Die Leistung des Akkus lässt mit jedem Ladezyklus etwas nach – ähnlich wie bei Laptops oder Smartphones. Dementsprechend verringert sich nach und nach die Reichweite eines E-Autos, es muss häufiger geladen werden. Je älter also das Fahrzeug, des geringer die Reichweite. Aber: Heutige Akkus sind kaum noch mit denen der ersten Generation vergleichbar, die vor etwa neun Jahren auf den Markt kamen. Im Hinblick auf die Akkuentwicklung gab es in den letzten Jahren riesige Fortschritte bei der Technologie, den Fertigungsverfahren und dem Batterie- und Thermomanagement, heißt es beim ADAC.
Das bedeutet für euch: Wollt ihr mit einem gebrauchten E-Auto täglich weite Strecken ab 100 km und mehr zurücklegen, könnte ein mehrere Jahre altes Elektrofahrzeug problematisch werden. Müsst ihr dagegen nur kürzere Strecken fahren und/oder möchtet den gebrauchten Stromer als Zweitauto nutzen, wäre eine im Vergleich zum Neuwagen etwas geringere Reichweite weniger von Bedeutung.
Die Solingerin Doro Ohliger hat sich vor wenigen Wochen für einen gebrauchten E-Mini von BMW entschieden: „Bis zu meinem Arbeitgeber in Hilden sind es nur 28 km hin und zurück, außerdem mache ich hauptsächlich ein paar Stadtfahrten zum Einkaufen und um unsere Kinder von A nach B zu fahren“, berichtet mir die zweifache Mutter. Sie ist mit ihrem Gebrauchten bisher sehr zufrieden: „Der Wagen hat gerade einmal 10.000 km gelaufen, da kann die Batterie ja noch kaum Abnutzungserscheinungen haben“, sagt Doro Ohliger. „Außerdem hätte ich mir diesen Mini als Neuwagen gar nicht gekauft, denn im Verhältnis bekomme ich mit meinem Gebrauchten sehr viel Auto für deutlich weniger Geld.“
Übrigens: Wenn ihr wissen möchtet, was ein gebrauchtes Fahrzeug ungefähr wert ist, könnt ihr dazu den kostenlosen Rechner für Gebrauchtfahrzeuge der Deutsche Automobil Treuhand nutzen.
Größte Vorteile: Anschaffungspreis und Verfügbarkeit
Der Wertverlust, den ein Neuwagen insbesondere in den ersten Monaten nach dem Kauf erfährt, hat auch Diana Böhmer zu ihrer Entscheidung für einen gebrauchten Elektro-Smart bewogen. „Mein Smart hat fast die maximale Vollausstattung, den hätte ich mir neu nie geleistet“, berichtet die E-Fahrzeug-Pionierin. Gemeinsam mit ihrem Mann Stefan fährt Diana Böhmer schon seit vielen Jahren vollelektrisch und kennt sich deshalb bestens aus. Ihren Smart-Fahrzeug-Akku hat sie allerdings beim Kauf des Fahrzeugs Anfang 2019 gemietet: „Ich konnte den Akku-Mietvertrag beim Kauf übernehmen und auch die damit verbundene Austausch-Garantie“, berichtet Diana Böhmer. „Das war mein Glück, denn der Akku musste seitdem schon zwei Mal ausgetauscht werden“, erzählt sie. Doch die Option zur Akkumiete bieten die Autohersteller inzwischen nicht mehr an – lediglich bei manchen Gebrauchtmodellen bis maximal Baujahr 2020, z. B. beim Smart oder Renault Zoe, könntet ihr noch fündig werden. Dianas Fazit: Vor dem Gebrauchtwagenkauf solltet ihr euch den Gesundheitszustand des Akkus (sog. „state of health“ = SOH) vom Verkäufer möglichst genau nachweisen lassen, z. B. durch entsprechende Prüfprotokolle im Service-Scheckheft. Einen Batteriecheck für reine E-Fahrzeuge bietet u. a. der ADAC an.
Tipps: Darauf solltet ihr achten
Grundsätzlich solltet ihr euch vor dem Kauf eines E-Autos aus zweiter Hand nicht nur Gedanken über die von euch benötigte Reichweite machen und euch daraufhin den Akku ganz genau ansehen, sondern euch am besten noch die folgenden Fragen stellen:
- Welche Ladetechnologie benötigt ihr – soll euer E-Auto mit DC-Gleichstrom schnellladen können und damit in kurzer Zeit wieder fit für eine längere Strecke sein oder reicht Normalladen mit Wechselstrom (AC) (dauert einige Stunden)? Wichtig: Beim AC-Laden gibt es Unterschiede: Die Ladeleistungen variieren zwischen 3,6 und 22 kW, je nachdem ob das eingebaute Bordgerät eine, zwei oder sogar drei Ladephasen nutzen kann.
- Kann der Verkäufer eures Wunschautos genau Auskunft zur Historie des Fahrzeugs (Batteriezustand, Reichweite, wurden die Serviceuntersuchungen regelmäßig durchgeführt?) geben? Letzteres ist besonders wichtig, wenn ihr einmal Garantieansprüche erheben müsst, besonders bei den langjährigen Herstellergarantien auf den Akku oder andere elektrische Komponenten.
- Apropos Garantien: Sind die gültigen Garantieregeln bei eurem Wunschauto geklärt? E-Autos der ersten Generation hatten häufig fünf Jahre oder 100.000 km Garantie auf den Akku. Bei den meisten neueren Elektroautos gewähren die Hersteller dagegen häufig acht oder 160.000 km Garantie.
- Umso jünger das Fahrzeug, desto länger gilt die Kfz-Steuerbefreiung – nämlich ab der Erstzulassung für die folgenden zehn Jahre. Daher solltet ihr euch überlegen, wie alt euer Gebrauchter maximal sein sollte, um von der Steuerbefreiung zu profitieren, wie lange ihr das Auto voraussichtlich fahren werdet und in welchem Verhältnis Kaufpreis, Wertverlust das Fahrzeugs, ggf. Umweltbonus und Kfz-Steuerbefreiung bei eurem Wunschauto stehen.
- Habt ihr – besonders wichtig bei Privatverkäufern – an einen Kaufvertrag gedacht? Alle wichtigen Informationen zu eurem Gebrauchten, z. B. mögliche Batterieschäden, aber auch, welche Ladekabel oder welches sonstige Zubehör zum Fahrzeug gehören (und in welchem Zustand es sich befindet), sollte darin festgehalten werden.
Ich wünsche Euch gute Fahrt mit eurem E-Auto!
Voraussetzungen zur Förderung gebrauchter Elektroautos
Voraussetzungen, unter denen ihr beim Kauf eines gebrauchten E-Autos von der staatlichen Förderung profitieren könnt:
- Bei der Erstzulassung eures Wunschfahrzeug hat der Käufer weder den staatlichen Umweltbonus noch eine vergleichbare staatliche Förderung in einem Mitgliedstaat der EU in Anspruch genommen.
- Euer Fahrzeugmodell muss beim BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) als förderfähiges Fahrzeug gelistet sein.
- Die Erstzulassung des Fahrzeugs ist nicht länger als 12 Monate her.
- Zum Zeitpunkt der Zulassung auf euch als Antragsteller darf euer Wunschfahrzeug nachweislich nicht mehr als 15.000 km Laufleistung haben.
- Nur ein gewerblicher Autoverkauf mit Bruttopreis und ausgewiesenem Umsatzsteueranteil ist förderfähig, ein Kfz-Kaufvertrag zwischen Privatpersonen nicht.
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Elektromobilität bei den Stadtwerken Solingen: Ladesäulen, Wallbox, TankE-Netzwerk-App, FAQ und vieles mehr.