„Abenteuer war gestern, Komfort ist heute“: Mit dem E-Auto in den Urlaub
Diana und Stefan Böhmer sind E-Auto-Pioniere und gerade aus ihrem Urlaub in Nordfriesland zurückgekehrt. Warum Urlaubsfahrten im Stromer heute sehr komfortabel sind und was bei der Reiseplanung wichtig ist, haben die Beiden mir erzählt.
Christian Olbrisch: Frau und Herr Böhmer, Sie beide fahren schon lange elektrisch und sind auch im Solinger Verein Klingenstromer e. V. aktiv. Wann sind Sie eigentlich zum allerersten Mal mit einem E-Auto in den Urlaub gefahren?
Stefan Böhmer: Das war vor fünf Jahren. Damals waren wir in Österreich bei einem Treffen von Renault Zoe-FahrerInnen.
Diana Böhmer: Ja, das waren noch Zeiten! 2015 ließ die Lade-Infrastruktur in Deutschland und seinen Nachbarländern wirklich noch sehr zu wünschen übrig. Allein zwischen Frankfurt am Main und Würzburg gab es zu dem Zeitpunkt nur eine einzige Ladestation, und die war auch noch defekt, als wir dort ankamen … In so eine Situation könnte man heute kaum noch geraten. Das Ladesäulennetz ist inzwischen überall gut ausgebaut und die modernen Elektro-Autos haben eine viel größere Reichweite als damals.

Christian Olbrisch: Das klingt, als wäre Ihr aktueller Urlaub in Nordfriesland deutlich entspannter abgelaufen als die Fahrt nach Österreich …
Stefan Böhmer: Auf jeden Fall, das kann man gar nicht mehr vergleichen. Urlaubsfahrten mit einem E-Auto sind heute geradezu langweilig komfortabel geworden. Meine Frau und ich sind seit unserer ersten Reise „unter Spannung“ jedes Jahr elektrisch in den Urlaub gefahren. Meistens waren wir innerhalb von Deutschland oder auch in den angrenzenden Nachbarländern wie den Niederlanden unterwegs. Da waren wir quasi live dabei, wie das Ladenetz Stück für Stück immer besser ausgebaut wurde und die am Markt verfügbaren E-Automodelle sich parallel dazu technisch enorm verändert haben. So ist von unserem ersten vollelektrischen Renault Twizy bis hin zum Tesla Model 3, den wir aktuell fahren, ein echter technischer Quantensprung vollzogen worden. Vor zwei Wochen sind wir mit nur zwei kurzen Ladestopps aus dem Bergischen Land locker bis zu unserem Ferienort 20 km vor der dänischen Grenze gekommen – noch vor wenigen Jahren wäre das undenkbar gewesen.
Christian Olbrisch: Aber eine gute Streckenplanung gehört doch nach wie vor dazu, wenn man mit dem E-Auto in den Urlaub fahren möchte, oder?
Stefan Böhmer: Natürlich macht es immer noch Sinn, vor Reiseantritt auf den gängigen Websites wie www.goingelectric.de oder mobil in Apps wie „chargEV“ für iOS oder „Wattfinder“ für Android-Geräte nach Lademöglichkeiten entlang der Reisestrecke nachzusehen.
Diana Böhmer: Hilfreich ist auch, die Ladesituation vor Ort, also in der Nähe seiner Unterkunft, via App zu checken. Dann weiß man direkt, wo man dort laden kann.
Stefan Böhmer: Übrigens kann ich nur empfehlen, die Ladesäulen entlang der Fahrtroute mit einer App und nicht nur mit dem Fahrzeug-Navigationssystem zu überprüfen. Die Fahrzeug-Hersteller haben nämlich in der Regel immer nur die eigenen und dazu allenfalls noch diejenigen Ladestationen ins Auto-Navi eingespeist, mit denen der jeweilige Autohersteller kooperiert. Eigentlich sollte es doch so sein, dass im Navi alle verfügbaren Ladestationen angezeigt werden. Das ist aber bis jetzt nicht der Fall.
Christian Olbrisch: Das ist wirklich gut zu wissen. Wie sah die Lade- und Parksituation denn konkret in Nordfriesland aus, Ihrer Urlaubsregion? Sie waren dort ja sicherlich viel mit Auto unterwegs und haben Tagesausflüge gemacht, oder?
Stefan Böhmer: Klar, in Schleswig-Holstein an der Nordsee gibt es neben den größeren Städten wie Husum oder Sankt-Peter-Ording natürlich auch eine Menge kleinerer Orte und Gebiete, die wir angesteuert haben. So waren wir unter anderem an einem Tag auf der Halbinsel Hamburger Hallig, einem landschaftlich sehr interessanten Naturschutzgebiet. Dort kommt man übrigens nur über eine für PKW mautpflichtige Straße hin. In der ganzen Region war für uns total entspanntes Fahren angesagt, da ausreichend Lademöglichkeiten vorhanden sind. Innerhalb vieler Orte war sogar kostenfreies Parken mit Parkscheibe für alle E-Fahrzeuge möglich. In St.-Peter-Ording gab es auch einen beschrankten Parkplatz mit einer Lademöglichkeit, an der während des Ladevorgangs bis zu drei Stunden freies Parken erlaubt war.

Christian Olbrisch: Was würden Sie aus Ihrer langjährigen Erfahrung heraus Urlaubsreisenden raten, die das erste Mal mit einem E-Auto verreisen?
Stefan Böhmer: Aller Entschleunigung zum Trotz kann ich allen E-Auto-Fahrern, besonders im Urlaub, nur empfehlen, ihre Akku-Ladung nie zu weit herunterzufahren. Denn obwohl wir hier in Deutschland ein inzwischen sehr gut ausgebautes Ladesäulennetz haben, sind doch leider etliche Säulen immer mal wieder defekt. Da muss aus unserer Sicht unbedingt noch nachgebessert werden. Denn wenn man einen Ladestopp an einer bestimmten Stelle einplant und dann vor einer defekten Säule steht, ist das wirklich ärgerlich.
Diana Böhmer: Ja, und auch die Zahl der einzelnen Ladepunkte dürfte gerne noch etwas höher liegen, damit an den einzelnen Standorten mit Ladesäulen noch mehr Autos die Möglichkeit haben, zeitgleich zu laden. Gerade im Hinblick auf die Zukunft, in der immer mehr Autofahrer umweltfreundlich und damit elektrisch unterwegs sein werden, halte ich das für sehr wichtig.
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Elektromobilität bei den Stadtwerken Solingen: Ladesäulen, Wallbox, TankE-Netzwerk-App, FAQ, und vieles mehr.