So funktioniert die Energiepreisbremse für Strom, Gas und Wärme
„Energiepreisbremse“ könnte glatt das Wort des Jahres werden. Aber was heißt das genau und wie macht sie sich im Portemonnaie bemerkbar? Mein Kollege Stephan Birkhölzer, Bereichsleitung Vertrieb Privat- und Gewerbekunden, bringt Licht ins Dunkel.
Interview zur Energiepreisbremse
Griese: Stephan, ganz unkompliziert bitte – was ist die Energiepreisbremse?
Birkhölzer: Die Energiepreisbremse schützt die Verbraucherinnen und Verbraucher vor extremhohen Energiekosten. Das bedeutet konkret, dass die Preise für Strom, Gas und Wärme ab diesem Jahr gedeckelt sind. Weil es für alle Energieversorger viel Vorbereitung bedeutete, konnte die Energiepreisbremse erst Anfang März an den Start gehen. Sie greift aber rückwirkend auch für Januar und Februar.
Griese: Welche Preise gelten jetzt?
Birkhölzer: Ab sofort kostet Strom für Privatkunden und -kundinnen sowie kleine und mittlere Unternehmen maximal 40 Cent, Gas 12 Cent und Wärme 9,5 Cent – jeweils pro Kilowattstunde. Aber Achtung: Diese Preisdeckelung gilt nicht für den kompletten Energieverbrauch, sondern für 80 Prozent des im Vorjahr prognostizierten Verbrauchs. Für die restlichen 20 Prozent gilt der vertraglich vereinbarte Preis. Auch der jährliche Grundpreis bleibt gleich.
Griese: Ich bin ja selbst auch Kundin der Stadtwerke Solingen. Wie geht es jetzt für uns als Kunden und Kundinnen ganz praktisch weiter?
Birkhölzer: Wir haben bei allen betroffenen Verträgen die individuellen monatlichen Abschläge entsprechend der Energiepreisbremse anteilig gesenkt. Vielleicht hast du schon unser Info-Schreiben erhalten. Falls nicht, bekommst du es in den nächsten Tagen.
Griese: Das mit den Abschlägen empfinde wahrscheinlich nicht nur ich als ziemlich kompliziert. Könntest du das mal anhand eines Rechenbeispiels konkretisieren?
Birkhölzer: Abschläge sind ja individuell verschieden, aber ich rechne dir das mal beispielhaft durch: Nehmen wir mal an, du hättest normalerweise einen monatlichen Gas-Abschlag von 100 €. Durch die Energiepreisbremse würde sich dein Abschlag um 5 € pro Monat verringern. Er würde dann pro Monat bei 95 Euro liegen. Für März würden wir ausnahmsweise einmalig 85 € abbuchen, weil die Ersparnis von Januar, Februar und März abgezogen wird. Also 3 mal 5 € gleich 15 €. Ab April würde dein Abschlag dann bis zu deiner nächsten Jahresabrechnung monatlich 95 € betragen.
Griese: Apropos Jahresabrechnung: Könntest du uns auch die Gesamt-Entlastung für Gas mal beispielhaft vorrechnen?
Birkhölzer: Kunden, die bei uns mit Klingengas Basis in der Grundversorgung sind, haben 2022 ohne Gaspreisbremse einen Arbeitspreis von 0,1336 € pro Kilowattstunde gezahlt. Bei einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh sind das 2.848,15 € inklusive Grundpreis. Mit Gaspreisbremse zahlt man jetzt für prognostizierte 80 Prozent (also 16.000 kWh) einen reduzierten Arbeitspreis von 0,12 €. Für die restlichen 4.000 kWh gilt der vertraglich vereinbarte Preis. Das macht dann zusammen 2.631,55 € inklusive Grundpreis. Somit spart man 217,60 €.
Griese: Warum fällt die Entlastung denn bei einigen anderen Energieversorgern höher aus?
Birkhölzer: Wer jetzt stärker entlastet wird, hatte vorher einen höheren Preis! Bei uns fällt die Energiepreisbremse meistens nicht so stark ins Gewicht. Und bei Strom sind wir ohnehin in vielen Tarifen unter den gesetzlich gedeckelten 40 Cent pro Kilowattstunde.
Griese: War das nicht ziemlich kompliziert, die Abschläge neu zu berechnen? Und bei den Jahresabrechnungen müssen ja jetzt auch verschiedene Werte anteilig berücksichtig werden.
Birkhölzer: Du sagst es. Das ist ein echter Kraftakt. Das setzt man nicht mal eben auf Knopfdruck um. Deshalb sind wir bei den Stadtwerken Solingen besonders stolz darauf, dass wir trotzdem kurz vor knapp die Abschläge im Sinne des Kunden angepasst haben. Manch andere Anbieter haben das nicht geschafft.
Griese: Wozu braucht man die Energiepreisbremse überhaupt noch? Die Preise an den Energiebörsen fallen doch gerade wieder?
Birkhölzer: Das hängt damit zusammen, wann die Energieversorger die Energie für ihre Kunden eingekauft haben. Um heute zuverlässig und preisstabil liefern zu können, haben wir die Energie über die Zeit eingekauft. Natürlich zu den unterschiedlichen Preisen, wie die anderen Stadtwerke auch. Wir selbst sind also auch an Verträge gebunden. Wir planen die Beschaffung langfristig, wir zocken nicht.
Griese: Ist die Energiekrise jetzt vorbei?
Birkhölzer: Das wäre natürlich wünschenswert. Aber wir haben im letzten Jahr gesehen, wie sich die Dinge schlagartig ändern können. Natürlich hat Deutschland neue Energiebeschaffungsfelder erschlossen und eine Gasmangellage ist momentan erst einmal vom Tisch. Aber wie es im kommenden Winter aussieht, weiß man nicht. Energiesparen bleibt ein Dauerthema – übrigens nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch für den Klimaschutz. Die günstigste Kilowattstunde ist immer die, die gar nicht erst verbraucht wird!
Griese: Danke für das Gespräch, Stephan!
Autor: Kerstin Griese
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