Renault ZOE – Erfahrungsbericht eines Klingenstromers
Letztens hatte ich Gelegenheit, mich mit Stefan Böhmer über seinen Renault ZOE zu unterhalten. Stefan Böhmer ist Mitglied beim Klingenstromer e.V., einem Solinger Verein für E-Auto-Fahrer. Beim Gespräch anwesend war auch Stefan Kirschner, erster Vorsitzender des Vereins. Wir sprachen über die Alltagstauglichkeit der E-Mobilität, Urlaubsfahrten, worauf E-Auto-Käufer unbedingt achten sollten – aber auch über Ladevorgänge im Kuhstall oder Umwege mit niedrigem Akku-Stand.
Christian Olbrisch: Herr Böhmer, Ihnen gehört der Renault ZOE. Seit wann fahren Sie dieses Elektro-Auto?
Stefan Böhmer: Seit vier Jahren. Meine Frau hat sich damals in den Renault Twizy verliebt – ein kleines E-Auto für maximal 2 Personen. Und nachdem wir den angeschafft hatten, fiel uns auf, wie viele Strecken wir plötzlich mit dem Twizy fuhren. Mein alter Ford – ein klassischer Verbrenner – blieb dafür immer öfter stehen. Schließlich haben wir uns 2014 zusätzlich zum Twizy auch den Renault ZOE angeschafft und uns dafür vom Verbrenner verabschiedet.
Christian Olbrisch: Warum haben Sie sich seinerzeit für den Renault ZOE entschieden?
Stefan Böhmer: Die Franzosen waren damals diejenigen mit der besten Schnelllade-Technik. Mit dem ZOE kann ich mit bis zu 43 kW den Akku an den meisten Ladesäulen in ca. 40 Minuten wieder komplett aufladen. Das konnten damals die anderen Hersteller nur mit den CCS- oder CHAdeMO-Anschlüssen und diese Ladesäulen waren 2014 noch kaum verbreitet. Beim ZOE handelt es sich außerdem mit ca. 20.000 Euro um ein ganz normales bezahlbares Auto, auch wenn man bei Renault die Batterie damals zusätzlich mieten musste. Und bei einem Elektroauto fallen die laufenden Kosten sehr gering aus: Strom gibt es vielerorts noch umsonst oder er ist deutlich günstiger als Benzin oder Diesel. Viele Verschleißteile wie Zündkerzen, Keilriemen, Gangschaltung, Kupplung, Auspuff oder auch Ölwechsel sind beim E-Auto nicht mehr vorhanden, deshalb hat man kaum Wartungskosten!
Christian Olbrisch: Sie haben aber bereits ein neues Auto bestellt, den Hyundai IONIQ. Warum und was passiert dann mit dem ZOE?
Stefan Böhmer: Nach 4 Jahren haben sich die angebotenen Modelle einfach stark weiterentwickelt und irgendwann möchte man sich selbst ja auch weiter entwickeln. Zudem ist der ZOE als Kleinwagen für mich als großen Menschen auch nicht immer bequem und da bietet der IONIQ als Limousine deutlich mehr Komfort und Platz. Auch mit diversen Extras wie Ledersitzen, Spurthalteassistent, Notbremsassistent etc. Zudem bietet er momentan am Markt die beste Ladetechnik und kann deutlich schneller laden als die meisten anderen E-Autos. Den Renault ZOE geben wir dann an den Händler ab.
Stefan Kirschner: Bei den Elektroautos ist es ja zurzeit wie bei den Smartphones: jedes Jahr erscheint ein neues Modell mit noch besserer oder schnellerer Technik, neuen Features oder größerem Akku. Die Entwicklung geschieht rasend schnell und immer tauchen neue Anbieter auf dem Markt mit neuen Modellen auf. Es lohnt sich trotzdem, E-Autos auch schon gebraucht zu kaufen! Der Verschleiß der Batterien ist deutlich geringer als ursprünglich befürchtet und wer einen 3 oder 4 Jahre alten ZOE wie den hier gut gepflegt ersteht, macht sicher keinen Fehler. Auch wenn sich Reichweiten oder Assistenzsysteme schnell weiter entwickeln.
Christian Olbrisch: Wofür nutzen Sie Ihr E-Auto? Welche Strecken fahren Sie?
Stefan Böhmer: Ich fahre die üblichen Strecken: zur Arbeit, zum Einkaufen, für Hobbies. Das sind so 50 km pro Tag. Das ist mit dem Renault ZOE locker zu bewerkstelligen. Zumal man die üblichen Strecken mit der Zeit sehr gut kennt und abschätzen kann, wie der Ladestand vorher sein muss. Allerdings merke ich, dass ich die Orte, wo ich z. B. einkaufen gehe, auch davon abhängig mache, wo ich gut laden kann.
Stefan Kirschner: Viele Gastonomen, Hoteliers oder Parkhausbetreiber unterschätzen die Möglichkeit, so Ihre Kunden an sich zu binden. Die meisten E-Mobilisten suchen Ihre Ausflugsziele auch danach aus, ob sie dort laden können. Ich ärgere mich schon, wenn ich zwei bis drei Stunden im Kino sitze und das Auto steht in der Zeit nutzlos ohne Lademöglichkeit im Parkhaus. Schließlich könnte ich die Zeit gut zum Laden nutzen!
Christian Olbrisch: Stichwort Reichweiten-Angst: Wie machen Sie das auf langen Strecken? Wie läuft das mit dem Laden?
Stefan Böhmer: Wir scheuen keine weiten Strecken und fahren mit dem Renault ZOE auch regelmäßig in den Urlaub, z. B. nach Österreich oder Holland. Das erfordert dann schon eine gewisse Vorbereitung. Über das Internet plane ich die Strecke anhand der vorhandenen Ladeinfrastruktur, außerdem muss man für jedes Ladenetzwerk unterschiedliche Karten vorrätig haben. Entweder suchen wir dann Schnellladesäulen auf, wo wir in 30-60 Minuten vollgeladen haben oder wir nehmen eine normale Ladesäule, die aber in der Nähe zu einer Sehenswürdigkeit oder in einer Innenstadt ist. So können wir dann Sightseeing und Shopping mit dem Laden verbinden und der Urlaub beginnt quasi mit der Abfahrt Zuhause.
Christian Olbrisch: Ist das nie eng geworden?
Stefan Böhmer: Einmal hatten wir noch einen Ladestand für 10 km und unsere Autobahnausfahrt war gesperrt. Wir mussten dann einen ziemlichen Umweg fahren, um zur Ladesäule zu kommen. Das war schon ein wenig nervenaufreibend, aber hat letztlich doch gut geklappt. Für solche Fälle gibt es übrigens eine Notfall-WhatsApp-Gruppe von E-Mobilisten. Da geht es nicht um Austausch, sondern nur darum, sich in Notfällen gegenseitig zu helfen. Das gibt zusätzliche Sicherheit.
Christian Olbrisch: Was war denn bisher Ihr ungewöhnlichster Ort zum Laden?
Stefan Böhmer: Nachdem wir auf einem Bauernhof übernachtet hatten, haben wir den Bauern um einen Stromzugang gebeten. Der hat die Stromleitung dann aus dem Kuhstall geholt. Wir waren mit unserem ZOE zwar nicht im Kuhstall, aber ziemlich nahe dran.
Christian Olbrisch: Wie viele Jahre oder Kilometer kann man mit einem E-Auto eigentlich fahren?
Stefan Böhmer: Wir haben den Renault ZOE jetzt vier Jahre und sind in der Zeit über 90.000 km gefahren. Ich merke bei den Batterien keinen Unterschied.
Stefan Kirschner: Viele Hersteller geben auf die Batterien heute schon 8 Jahre oder 200.000 km Garantie. Da kann man sicher sein, dass man den Wagen genauso lange fahren kann, wie einen Verbrenner.
Christian Olbrisch: Was muss ich beachten, wenn ich mir jetzt ein E-Auto kaufen will?
Stefan Böhmer: Als erstes sollte man mal so zwei Wochen seine täglichen Fahrrouten dokumentieren um ein Gefühl für die Strecken und Entfernungen zu bekommen. Die meisten Autofahrer wissen gar nicht, wie viele Kilometer sie im Alltag tatsächlich zurücklegen. Auf dieser Basis kann man schon einmal die Modelle aussuchen, die von der Reichweite und Akkuleistung zu einem passen.
Stefan Kirschner: Ganz wichtig für den E-Auto-Käufer ist die Ladetechnik des Autos: Welche Anschlüsse hat das Auto, welche Schnellladefunktion, muss man wie bei den deutschen Herstellern den Schnellade-Anschluss noch extra bestellen usw. Wir bieten da als Klingenstromer auch gerne unsere Hilfe und Beratung an, welches Auto für welche Bedürfnisse passt oder worauf man achten sollte.
Christian Olbrisch: Sie fahren jetzt seit vier Jahren ein E-Auto. Wie sehen Sie die Entwicklung der Elektro-Mobilität?
Stefan Böhmer: Ich sehe vor allem, dass sich bei den Herstellern etwas ändert. Inzwischen bieten auch deutsche Hersteller ganz vernünftige E-Autos an, z. B. den E-Golf oder den i3. Auch die Ladeinfrastruktur hat sich verbessert, aber da muss insgesamt noch ganz viel passieren. Zum Beispiel ein einheitliches Bezahlsystem per EC- oder Kreditkarte, statt der diversen Ladekarten für jeden einzelnen Stromanbieter! Gut wäre es, wenn Firmen entsprechende Infrastruktur für ihre Mitarbeiter anbieten könnten. Das wäre gerade für diejenigen, die keine Garage zuhause haben, eine echte Chance, auf ein E-Auto umzusteigen. Oder wenn Hotels, Gaststätten, Parkhäuser usw. ein entsprechendes Angebot für ihre Kunden machen würden.
Stefan Kirschner: Der beste Fall für einen Elektroauto-Fahrer ist, wenn er entweder Zuhause oder beim Arbeitgeber laden kann. In beiden Fällen sprechen wir aber von langen Stand- und Ladezeiten, da steht das Auto dann gute 6 bis 8 Stunden herum. Deshalb braucht man dort auch nicht zwingend schnelle Ladestationen. Da reicht auch eine günstige Wallbox mit 11 kW oder sogar eine Schukosteckdose. Ähnliches gilt auch für Parkhäuser, in denen die Leute ihr Auto zum Shoppen, für’s Kino oder zum Essen gehen lange abstellen. Das bedeutet, es muss sich technisch gar nicht so viel investiert werden, um dort Ladeinfrastruktur bereitzustellen – es muss eher von den möglichen Anbietern verstanden und aufgegriffen werden!
Christian Olbrisch: Und was würden Sie beide sich von einer Bundesregierung erhoffen?
Stefan Böhmer: In den letzten Jahren sind ja Förderprogramme zum Kauf von E-Autos und zur Einrichtung einer Ladeinfrastruktur aufgelegt worden. Das funktioniert aber noch nicht so, wie es sollte. Gerade mehr Ladeinfrastruktur brauchen wir dringend und schnell.
Stefan Kirschner: Die neue Bundesregierung muss die Elektromobilität aus dem „Stiefkind-Dasein“ holen und zu einem ganz selbstverständlichen Antrieb neben den Verbrennern machen. Dazu gehört auch, nicht immer von der E-Mobilität als „Alternative“ mit Schwächen zu sprechen, sondern die massiven Vorteile gegenüber Verbrennern klar hervorzuheben! Statt kleinen Kaufprämien, die kaum jemand annimmt, sollten besser die Diesel-Subventionen gestrichen werden. Dann wäre der Markt nicht mehr so verzerrt und die Autofahrer könnten erkennen, wie viel günstiger elektrisches Fahren eigentlich ist. Ich bin mir sicher, dass dann viel mehr Menschen E-Autos kaufen würden.
Christian Olbrisch: Wir haben jetzt schon ein paarmal über die Klingenstromer gesprochen. Herr Kirschner, erzählen Sie uns was über Ihren Verein?
Stefan Kirschner: Wir haben uns vor etwa einem Jahr mit privaten und gewerblichen Elektromobilisten zusammen getan und den Verein Klingenstromer e.V. gegründet. Bislang haben wir rund 12 Mitglieder, neben Privatpersonen auch Unternehmen. Wir möchten eine Plattform zum Austausch und Beratung interessierter Bürger und Unternehmen bieten, aber auch Ansprechpartner in e-mobilen Fragen für Stadt und Stadtwerke sein. So nehmen wir u.a. bereits an den Akteurs- und Planungsgesprächen für das Solinger Elektromobilitätskonzept für die Stadt Solingen teil. Wir freuen uns natürlich immer über neue Mitglieder, ob sie nun auf vier oder zwei Rädern unterwegs sind. Wo unsere monatlichen Treffen stattfinden, kann man immer auf unserer Webseite www.klingenstromer.de nachlesen!
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